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Calw.

Ein Quantum Asche hat zu ver­kaufen

Christian Bozenhardt Kaufmann.

Die gepreßten Gemüse.

Seit mehrern Jahren schon spielen die in Deutschland noch kaum dem Na­men nach bekannten gepreßtenGe- müse in England und Frankreich eine wichtige Rolle, und wohl kann man sagen, daß vielleicht ohne diese cigen- thümliche Procedur die Verproviantir- ung einer Armee, wie die der verbün­deten Westmächte in der Krim kaum möglich wäre.

Im März des Jahres 1851 stellte Herr Masson, Obcrgärtncr der allge­meinen Gartenbau - Gesellschaft für Frankreich, dem Institut eine kurze Aus- einandersczung zu, in welchem er sag­te^ daß nach langen Nachforschungen, die dis auf zehn Jahre zurückrcichten, es ihm endlich gelungen sei, ein einfa­ches Verfahren gefunden zu haben, vegetabilische Substanzen, besonders Gemüse zu trocknen, ohne deren Be­schaffenheit zu verändern und sie auf einen äußerst kleinen Umfang zurückzn- sühren, ohne Bcnachtheiligung ihres Wohlgeschmacks und ihrer nährenden Eigenschaften.

Dieses Verfahren besteht in einer Austrocknung bei niedriger Temperatur in Trockenöfen, die bis ungefähr 35 Grad erwärmt werden, und in einer sehr starken mit Hilfe der hydraulischen Presse bewerkstelligten Zusammenpres­sung.

Die erste Operation nimmt den Ge­müsen das überflüssige Wasser, welches bei gewissen Vegctabilien, wie Kohl und Rübe», 80 bis 85 Procent ihres

Gewichtes im frischen Zustande beträgt Die zweite Operation vermindert ihren Umfang und giebt ihnen eine dem Tan­nenholz gleiche Dichtigkeit, wodurch die leichte Aufbewahrung, Lagerung und der Transport erzielt wird, denn in ei­nem Kubikmeter können im äußersten Falle nicht weniger als 25,000 Ratio­nen Gemüse zusammcngepreßt werden.

DaS erste große Etablissement zum Trocknen der Gemüse erhob sich in Paris, Rne Marbcuf, und beschäftigte in kurzer Zeit mehr als hundert Arbei­ter; England säumte nickt, das sinn­reiche Verfahren auf seinen Boden zu verpflanzen, und die französische und englische Marine bezogen unausgesezt bedeutende Verproviantirnngen. An­statt des üblichen Sauerkrauts erhielt nun die Seemannschaft eine gesündere Nahrung, was nicht wenig mit in An­schlag zu bringen war. Zugleich ist durch die Erfindung des Herrn Mas­son die Verproviantirung von Festun­gen und Armeen ungemein erleichtert worden, und da sein Verfahren auch auf medizinische Pflanzen anwendbar ist, so entspringt daraus besonders ei» neuer großer Dortheil für militärische Ambulancen. Die Erfindung ist leider bis zu diesem Umfange auch in Eng­land unv Frankreich noch nickt ausge­beutet worden. Die zusammengcpreß- ten Gemüse werden in Tafeln von mäßigem Umfang in geschlagenem Zinn verpackt.

Die gepreßten Gemüse haben eine Zukunft. Wenn erst die Industrie in größer«» Maßstabe sich der Sacke be­mächtigen wird (am Rhein bestehen bereits zwei Fabriken), werden sie auf die Nahrungsverhältnisse des Volks einen wichtige» Einfluß haben. Sie werden auch manche unserer Gewohn­

heiten ändern, und der Leser lächelt vielleicht, wenn wir ihm prophezeihc», daß eines Tages die Kaufleule, wie jezt Chocoladc, auch Spargel, Spinat Welschkohl u. s. w. in Tafeln verkau­fen werden. Eine Tafel, wie unsere gewöhnlichen Cbocoladentafcln sind, gepreßtes Gemüse giebt ein ausreichen­des Gericht für fünf Personen.

Treue Liebe.

(Ein Bild aus alter Zeit).

Es war noch früh ain Tage im kühlen Oktobcrmond und dock standen schon viele Verkäufer auf dem großen Marktplaz der reichen mächtigen Han­delsstadt Brügge. Nun rede ich aber nicht von dem heutigen Brügge, vas so still und ernst in dein blühen­den Garten Belgiens steht wie eine zerbrochene Statute, ich meine jene be­rühmte Stadt des 14. Jahrhunderts, jenen hellfunkelnden Edelstein der Pro­vinz Westflaudcrn, nach dessen Besiz damals gar manchen hohe« Herrn nickt wenig gelüstete. Ungeheure Wa­gen voll des köstlichsten Gemüses stan­den dicht neben einander in langen Reihen, herrliches Obst war massen­haft aufgehäuft, weiterhin hatte man breite Tische ausgestellt mit, Blumen von allen Farben und endlich waren lange Tafeln zu sehen mit Körben u. und Käfigen voll Geflügel aller Sor­ten und Bergen von frischen Eiern. Einzelne Mägde in weißen anliegenden Hauben und blendenden knapp über- gestecktcn Brusttüchern schritten mit ih­ren säubern Körben daher, prüften handelten mit den derben Bauern. Hier und da trippelte auch schon eine sorgliche Hausfrau herbei, das Beste zu wählen und die Vorräthe zu um-