386

Erdmuthe. Dic Lebenden ginge» zwi­schen den Gräbern der Abgeschiedene» umher, Niemand sprach ein laitteS Wort, »nr leise Gebete wurden genmr- meltj Vie Lebenden selber glichen n»>- wandelnden Geistern und Man der mußte denken, daß er nberS Jahr viel­leicht auch hier unter dem bereisten Du­den liege und ein Licht brennt zu sei­nen Hänpten. Auch Gottfried wan­delte hin und her, er halte Gräber von Eltern und Kindern und von der Schwester hier. Als er sich diesem wieder nahte, lag eine Frauengestalt auf demselben auögcstreckl und schluchz­te, daß cs ihr den ganzen Körper zu- sammenschütterte. War daö nicht die Tochter Trandle'ö, zum crstcnmaie bar­häuptig ?

WaS hast du da? WaS geht dich das Grab an?" fragte Gottfried. Dringt daö Antliz der Verstorbenen auS der Erde? Mit bleichen Lippen fragte Gottfried noch einmal:

»Du bist"

Ja. ich bin die Erdmnthe, Eurer Schwester"

Lautlos sank Gottfried auf den Bo­den. Alles sprang herbei, man trug ihn erstarrt davon, eine Leiche vom Kirchhofe.

. Wciirnid ging Erdmuthe hinten drei» ihr entgegen kam Bläsi mit seiner Schwester und sie sahen nur Erusezen, was gescheitem war. Blast hatte heu­te dem Va-Wr aus dem Kirchhofe Al­kes jagen wollen, nur so glaubte er ihn erweichen zu können; Erdmuthe ar­beitete ans dem Ken toffelfclde beim Wegweiser und sollte warten, bis man stk 'holt, riber rS duldete sie nicht, sie lief vorzeitig chrk und so ge schal)-, ivas, Ar erfahren. i

Inmitten des Jmvmers «m. GokKj

sned, den jezt wiederum Alles lobte, erfuhr man, daß die vermeintliche Tochter Traudles deö CyprianS Erd- mulhe sei. Man wollte cs nicht glau­ben und die Gruppen der Neugierigen wechselten zwischen dem Hanse Gott­frieds und dem EvprianS, wohin die Rödelbänrin Erdmnthe zu sich genom­men und in die Kammer eingeschlos­sen Halle.

Nach einer Stunde kam die Nodel- bäure zu Erdmuthe unv verkündete, daß man den Vater wieder zum Le­ben gebracht habe, daß ihm aber die Stimme versage. Bald darauf kam auch Bläst mit der Nachricht, daß der Vater spreche, nur sage er, er müsse sterben, weil seine Schwester ihm cr- swiencn sei. Erdmuthe war trostlos, weil sie nicht aus dem Hause durfte, und nichts thun konnte, zur Abwend­ung VcS großen LeidS, baS sie über die Familie gebracht, aber Bläsi trö­stete sie und sagte:

Wir Habens verschuldet, ich be­sonders» eS ist suudlich gewesen» dich so lang hinzuhalten. Mach dir nur keine Vorwürfe und Niemand soll sie dir machen." >

Die Rodelbäuren gieng wieder hin­ab inS Elicrnhaus und bald kam an ihre Stelle die Schuldheißin und um­armte Erdmuthe innig und seltsam äu­ßerte sich ihr Herz, indem sie Erdmn­the schalt, daß sie sich nicht schon lan­ge zu erkennen gegeben; sie könne nichts dafür, daß sie sie als Taglöhnerin be­handelt habe.

Man konnte dem Gottfried nur schwer begreiflich machen, daß die, die er gesehen, die lebendige Erdmuthe sei. Er schüttelte immer mit dem Kopfe, endlich schien er es doch zu fassen, denn, er sagtet

»Ich hält' eher geglaubt, daß die Tobte wieder aufersteht als baß die auS Amerika kommt."

Er verlangte Erdmuthe zu sehen j aber man willfahrte ihm erst andern TageS und er selber befahl, daß man ihr daö alte Ehrenkleid bringe, sie sol­le in diesem zu ihm kommen. Daö ganze Dorf lief zusammen, als Erb- muthc mit dem Ehrenkle.de angethan und mit dem HalSgeschrncive geziert, daö sie treulich bewahrt hatte, nach dem Hause Gottfrieds gieng. Sie küßte die zitternden Hände des Oheims, der lange nichts reden konn­te, endlich sagte er, auf die siebenfa­che Grai'.alsebunr mit dem Schwedcn- dukatcn deutend:

Wer hat dir daö geben?"

Mein Väter."

Hast du sonst noch was von dei­nem Muttergut gerettet?"

Nein."

Gottfried legte die Augen zu und schwieg, da trat Bläsi vor und sagte:

Sie braucht jezt nichts mehr, sie hat wieder Vater und Mutter am Le­be», es fehlt ihr nichts mehr als*

Ein Mann" ergänzte Traudle.

Und den hat sie auch," begann Bläst wieder, den Ring da an der' Hand trägt sie von mir,"

Die Mutter umarmte Erdmuthe, Gottfried nickte nur still . . .

Sobald der Dispens eingetroffm war, wurde die Hochzeit Erdmuthes und Bläsis gefeiert und Gottfried, der viel daheim sizen mußte, hatte es am liebsten, wenn Erdmuthe bei ihm blieb, er sprach wenig, aber ihre Nähe theA ihm wohl.

Redigirt, verlegt und gedruckt von Rünniiip^