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Der Bauernfänger. >
(Fortsezung). !
„Ich wäre schlecht, wenn ich das thäte! Wie's heute ist, bleibt eö drei Tage und — Zeitlebens!" Sie stammelte diese Worte unter heftigem Schluchzen und ging dann, da er sie frei gab, !>nit einem so schweren Herzen, als habe eö selbst die drückendste Schuld auf sich geladen. Wie lhat er ihr so leid, aber nie halte sich das Gefühl ihrer treuen Liebe zu Joses so stark in ihr volles Bewußtsein gedrängt, als gerade in diesem Augenblicke. Nichts konnte sie bcthvren, weder die gewinnende Schönheit des vornehmen Mannes, noch die lockenden Aussichten auf ein Leben im Ucbeislusse, daö er ihr bot.
, .Drei Tage rollten vorüber, absicbl lick hatte er jedes Zusammentreffen mit Marien vermieden, aber er war acke Abende zu der Bank am Schloßberge gegangen! Der dritte Abend kam und er fand die Stätte leer, wie immer! Mußte er auch diese Stätte des Fluches wählen! War es nickt ein phantastischer Troz, der sie wieder heiligen wollte — Lurch Roscndusl! Er stand unter dem sternleeren, wvlkenbedcckten Himmel — die Leuchte, welche er an- geziinder, um nach der Blume der Verheißung zu spähe», hatte er wieder ausgelösckt, er sank aus den öden Siz nieder und fühlte sich so elend, so unglücklich, daß er die Hand gesegnet hätte, welche seinem veiehmten Leben — halt ein! welch' ein erbärmlicher Gedanke! Er konnte .sich aber nickt davon Ivsiingcii: vergebens sagte er sich, daß er noch zu jung sei und die Welt
ffo groß, daß er sich ermannen solle, !sich loöreißeu, hinauSstnrmen in weite Ferne, wo ihn Niemand kannte, er warnte sich selbst vor dem Zuspäl! Einer zwar konnte nichts mehr gegen ihn aussagen, aber der Andere der im Ge- fängniß saß — er sprang aus: „Nur morgen noch! Morgen will ich sie noch einmal sehen, will sie noch einmal sia- gcn! Vielleicht —" und es überlies sein Herz, daö verkrampfte, wie ein lindernder Strom bei dem Gedanken voll Hoffnung.
Der folgende Tag war ein Sonntag. Die Glocken liefen zur Kirche, als er sich ausmachte, um grade in das Haus der Geliebten zu gehen; der Vater war auf dem Wege der Besser- ung. Mosen hatte ihn schon besucht, ihm wollte er noch nichts sagen, aber vielleicht der Mutter. Sie war mit Marion in der Kirche. In wie viel Jahren hatte er keine Kirche betreten! Er wollte Marien wenigstens sehen, er folgte ihr in das Gotteshaus. Ein unheimliches Gefühl, fast wie ein Sckauer, überlies ihn, als er die Sckwelle überschritt, es war, als betrete er daö Haus eines von ihm schwer und tödtlick Beleidigten und könne sich dort nichts Gutes versehen. Aber er warf die Schwäche von sich und schärfte sein Auge nur, um das Mädchen zu suchen, daö ihn schon seinem eigensüchtigen Selbst entfremdet hatte. Sic mußte an einer zurückgezogenen Stelle sizcn oder ihr Gesicht zu tief geneigt haben in Andacht, denn er fand sie nickt. Der Gottesdienst hatte schon begonnen, er konnte in dem karg aus- gestatlctcn Dorfkirckicin nur einfach sein, aber vielleicht gerade dadurch zog or des Mannes Aufmerksamkeit an, der hier nur kalte, nicht achtende Kritik zu üben vermeinte, und allmälig in seinem abtrünnigen Geiste eine Regung spürte, deren er sich schämte, die er sich aber nickt abläugncn konnte — und mehr und mehr, wie der Pfarrer von dem Worte Gottes sprach, das schärfer sei, wie ein zweischneidig Schwert, da ging es wie ein Zittern durch die Seele> und ein Gefühl tiefer Traurigkeit! übcrkam ihn. Gott wolle doch weiter Helsen!
Jczt batte er Marien gefgndcn! Sic blickte mit frommer Hingebung rnm
Pfarrer empor, kein fremder Gedankt störte ihre Andacht — und wie sie betete, da wandte sich Mosen plözlich ab und stürzte aus der Kirche, daß seine Nachbarn unwillig ihm nachsahen und dann bedenkliche Blicke wechselten.
In Bider'ö Haus kam er heute nickt.
Zwei Tage später langte der Graf mit seiner Schwester auf dem Schlösse an. Der Inspektor hatte Nachricht davon gehabt und die Ankunft kaum erwarten können, denn er hatte ihm eine wichtige und schauerliche Meldung zu thuu, wovon er auch bereits Anzeige an daö Kreisgcricht gemacht, zu welchem Oberhermsdorf seir der Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit gehörte. In einer Schluckt der Wald- bcrgc, kaum eine Viertelstunde vom Schlosse entfernt, war vorgestern die Leiche eines Ermordeten gefunden worden,jeines unbekannten sehr dürftig gekleideten Menschen, der von zwei Stichen in die Brust getödtet worden war, es hatte fick bei ihm weder ein schriftlicher Ausweis über seine Person, noch irgend ein Zeichen in seiner elenden Leibwäsche gesunden — die gerichtliche Obduktion hatte Statt gehabt, und schon war der Ausruf zum Druck ab- gegangk». Ein Motiv der That ließ sich schwer erreichen — vielleicht hatte der Unglückliche auch Hand an sich selbst gelegt, aber die Waffe hatte sieb dann vorfinden müssen, was nickt der Fall war. Einige Kupfermünzen Baar- schast hatte er noch besessen; ein Rand war aucb ohnedem hier nickt denkbar.
Der Graf hörte den Bericht mit ernster Ruhe an. „Wir können dabei iiickis weiter thim! Lassen Sie uns hoffen, daß unsere friedlichen Berge mit den wüsten Erscheinungen deS Weltstromcs, dessen tiefster Schlamm jczt aufgerührt ist, verschont bleibe», und cs an dieser einen, genug ist. — Ich kann Ihnen auch eine Nachricht bringen, etwas bessern Inhalts. Der Diebstahl, der an dem alten Biber begangen wurde, ist entdeckt." ,
„Entdeckt!" rief der Inspektor mit großer Freude. „Das ist ja für Vater Martin ein wahres Glück!" (F.s.)
Redakteur: Gustav RivlniiiS. Druck und Bertac, der Mui'niiiS'fchrnB-lch- rruckkrei » Catw.