Erscheinungsweise:

Täglich mit Ausnahme cker Lonn- unck Festtage

Anzeigenpreis: o) im Anzeigenteil: ckte Teile >5 Solckpfennige b) im Aeklameteil: ckie Teile 50 Solckpfennige

Auf Lammeianzeigen kommen 50°/, Zuschlag

Für Platzvorschriften kann keine Gewähr übernommen wercken

^7-

UMZ

MM

Serichtrstanä für be>4« r»U« Ist Calw.

Amis- unä Anzeigeblall für äen Oberamlsbezirk dalw.

Nr. 252

Donnerstag, 28. Oktober 1926.

Bezugspreis:

Zn cker Ltackt40Solckpf«nnig« wSchentltch mit Trägerlohn Post-Bezugspreis 40 Solck- ! Pfennige ohne Bestellgeick

Schluß äer Anzeigen­annahme v Uhr vormittag« i

In Kw«n HSHerrr SewaU !

besteht krin Anspruch ans li«f«r>me 4«r Leitung <xl«r auf Nachzahlung « Ser vezugrpreise»

Fernsprecher Nr. S ^

verantwort!. Lchriftleitung: Frieckrich Han» Scheele ! Druck unck Verlag cker A. Oelschläger'schen Suchckruckerei. !

101. Jahrgang

Botschafterkonferenz und Abrüstung.

Keine neue Entwaffnungsnote.

Haltlose Kombinationen.

TU Berlin, 28. Okt. Ein parlamentarisches Nachrichtenbüro, das amtlichen Stellen nahe steht, verbreitete am gestrigen Mitt­woch eine Nachricht, der zufolge sich General Walch nach Paris begeben hat, da die Pariser Botschafterkonferenz Forderungen be­züglich her Abrüstung Deutschlands zu stellen beabsichtige. Wie die Telunion hierzu von zuständige! Seite erfährt, ist von der Meldung des parlamentarischen Nachrichtenbüros nur die Tat­sache richtig, daß General Walch sich am Dienstag nach Paris be­geben hat. Nach den an zuständiger Stelle vorliegenden Infor­mationen beabsichtigt die Botschafterkonferenz jedenfalls nach wie vor nicht eine Note in der Entivaffnungsfrage an die deutsche Regierung zu senden, sondern wird stattdessen auch weiterhin in mündlichen Verhandlungen mit dem deutschen Botschafter in Pa­ris, Herrn von Hoesch, die Entwaffnungsfrage b-izulegen versu­chen. Die von dem parlamentarischen Nachrichtenbüro gemeldeten Einzelheiten über die Absichten der Botschaftsrkonfcrenz in der Entwaffnungsfrage treffen demnach weder der Form noch dem Inhalt nach zu, sondern sind als Kombinationen zu bezeichnen.

General Rollet für Fortdauer der Militürkontrolle.

TU Berlin, 28. Okt. Wie die Morgenblätter aus London Melden, war der frühere Vorsitzende der interalliierten Militär- konirollkommission am gestrigen Mittwoch der Ehrengast bei einem Frühstück des englisch-französischen Frühstücksklubs, an dein auch der englische Kricgsministcr Worthington Evans teil­nahm. In einer Ansprache sagte er u. a.: Die Tatsache, daß die Nationen sich nicht länger auf Söldnerheere verließen, ma. die Bestimmung des Ausdruckes Abrüstung schwierig. Tatsächlich könne eine Nation zur Impotenz verurteilt werden, wenn diese Nation beträchtliche industrielle Hilfsmittel besitze, die rasch die Herstellung von Munition ermöglichen und wenn außerdem diese Nation sowohl quantitativ wie auch qualitativ genügend Menschenmaterial zur Verfügung habe. Dies sei ge­rade der Fall in Deutschland. Die Beftiinmungen des Versailler Vertrages hätten zum Ziel die Erhaltung von Sicherheiten für die Sieger für eine genügende Zeit, um die allgemeinen politischen Kräfte instand zu setzen, in Tätigkeit zu treten, um der Welt den Frieden zu sichern. Deutschland habe Schwierig­

keiten jeder Art ihrer Durchführung in den Weg gelegt. Des­halb sei es notwendig, weiterhin die Augen auf Berlin gerich­tet zu halten. Als Sicherheit halte Frankreich weiterhin einen Teil des Rheines besetzt und es sei wohl bekannt, welche Be­deutung die französische öffentliche Meinung dieser Besetzung beimessc. Sie grenze an die entmilitarisierte Zone, die sie iso­liere und ihr eine insolarc Lage gebe. Aber dieser Schutz könne nur seinen vollen Wert haben, wenn er überwacht wird.

*

Die Vorarbeiten für die

Abrüstungskonferenz.

Die Unterkommissio,, für Abrüstung in Paris beendet ihre Arbeiten.

TU Paris» 28. Okt. Die gemischte Kommission, die als Unter­kommission der vorbereitenden Abrüstungskommission zuteil ist Paris tagt, hat ihre Arbeiten beendet. Nach der französischen Presse zu urteilen, haben die von der französischen Delegation in Genf vertretenen Anschauungen einen vollen Sieg davon getragen. ZmMittelpunkt der Beratungen stand die Frage, ob es möglich sei, die Bewaffnung eines Landes nach seinem Militärbudget zu beurteilen und ob es wünschenswert wäre, Lurch eine Einschrän­kung des Militärbudgets eine Verminderung der Bewaffnung der einzelnen Staaten zu erreichen. Die Kommission hat sich in ihrer Mehrheit dahin ausgesprochen, daß die Militärbudgets nicht alle einer derartigen Unterlage dienen dürften, vielmehr sei di« Her­absetzung der militärischen Ausgaben als eine Folge der Abrüst­ung anzusehcn. Auch in Äer Frage des Potentielle de gucrre zeigte die französische Auffassung, die in der Entwaffnungsfrage in wertestem Maße die geographische Lage eines Landes, die Zahl seiner Einwohner, seine wirtschaftlichen Hilfsquellen, die Länge seiner Grenzen berücksichtigt sehen wollt«, während von deutscher Seite dem entgegen gehalten wurde, daß bei ejner derartig weit­gehenden Berücksichtigung aller einzelnen Faktoren man niemals zu positiven Resultaten in der Abrüstungsfrage gelangen würde. Von der Kommission wurden weiterhin Sondcrabmachungen zwi­schen einzelnen Staaten empfohlen, die die allgemeine Entwaff­nung wesentlich erleichtern könnten. Ein ausführlicher Bericht über die Arbeiten der gemischten Kommission wird der vorberei­tenden Kommission für die Abrüstungskonferenz vorgeleat werden.

Die Kolonialvolitik Italiens.

Vergeblicher VerhandlungsversAch Mussolinis mit Zrankrsich.

Der italienische Botschafter bei Briand.

TU Paris, 28. Okt. Der italienische Botschafter Baron Avczzana hatte am Dienstag abend eine längere Unterredung mit Briand, der besondere Bedeutung bcigemessen wird, weil nach italienischen Vlättermeldungen Baron Avezzana mit ganz bestimmten Instruktionen nach Paris zurückgekehrt ist. Es dürfte sich vor allem um die Frage eines französisch-italienischen Mittelmeerabkommens sowie um eine Einigung über di« Ko­lonialfrage handeln.

Die Unterredung des italienischen Botschafters Avezzana mit Briand beschäftigt die französische Presse lebhaft. Einzel­heiten über die Unterredung sind jedoch nicht bekannt gewor­den. Das Echo de Paris hat vor einigen Tagen als Versuchs­ballon die Nachricht gebracht, daß Mussolini bereit sei, auf alle soine Forderungen Frankreich gegenüber zu verzichten, wenn Italien das französische Mandat über Syrien erhalten würde. Im Laufe des gestrigen Vormittags verlautete in französischen politischen Kreisen gerüchtweise, daß der italienische Botschaf­ter Avezzana Briand einen dahingehenden Vorschlag unterbrei­tet hätte. Eine Bestätigung dieser Nachricht, deren Tragweite nicht überschätzt werden kann, war nicht zu erhalten, doch ließ sich fcsfftellen, daß nmn am Quai d'Orsay einer Abtretung Sy­riens an Italien völlig ablehnend gegenüderstehen würde.

Ablehnung der italienischen Wünsche durch Briand.

TU Berlin, 28. Okt. Zu der Unterredung des italienischen Botschafters mit Briand verlautet nach einer Meldung der Morgenblätter, daß Briand die italienischen Wünsche ohne alle Zweideutigkeit abgelehnt habe, indem er betonte, daß Frank­reich zunächst seine schwebenden politischen und finanziellen Probleme lösen müsse, bevor es sich mit der Mttelmeerfragc beschäfigen könne.

»

Roch immer Kämpft in Syrien.

TU London, 27. Okt. Die im Bezirk von Dalaskus ope­rierenden sranrösischen Truppen stießen, einer Timesmridung

aus Beirut zufolge, auf Aufständische, von denen 61 getötet wurden. Bei der Verfolgung verloren sie weitere 29 Mann. Die französische Kavallerie nahm ferner eine Bande aufstän­discher Drusen gefangen.

Amerika gegen eine europäische Verständigung.

Washington zur Thoiry-Politik.

TU London, 28. Okt. Der diplomatische Korrespondent des Daily Telegraph" bringt ein« Meldung über eine angebliche Ver- stimnmng der Washingtoner Regierung über die deutsche Politik der letzten Wochen. Er führt unter anderem aus, daß gewisse Er­klärungen Stresemanns in den vergangenen Wochen in Kreisen der amerikanischen Regierung Ueberraschung und Unwillen erregt hätten, der bald auf die amerikanische Ossfcntlichkeit übergreiftn könne. Der Gedanke, daß die französische Räumung des Rhein­landes von Amerika bezahlt werden könnte, sei ziemlich ablehnend ausgenommen worden. Der Plan eines deutsch-französischen Stahl- kartclls sei nach amerikanischer Auffassung dazu bestimmt, die amerikanischen Stahlintercssen zu schädigen. Die zahlreichen Aeu- ßerungen des deutschen Außenministers zu gunsten einer Art pan- europäischrr Einigkeit in wirtschaftlicher Beziehung und die Ver­öffentlichung des sogenannten Bankiermanifestes habe die Un­zufriedenheit Washingtons aus de» Gipfelpunkt getrieben (!). Die Andeutungen Berlins für eine internationale Konferenz zur Her­absetzung der amerikanischen Schulden-abmachungen (?) hätten zum mindesten ebensosehr verstimmt wie di« französische Forde­rung nach einer Abänderung des Mellon-Beranger-Abkommens. Indessen hätten amerikanische Minister keinerlei Furcht vor dem paneuropatschen Gebilde, aber sie seien erstaunt, daß deutsch« Staatsmänner es sich gestatteten, in die Maschen eines Planes verwickelt zu werden, der gegen Amerika gerichtet sei, nachdem Amerika so viel für Deutschland auf dem Gebiet« der Diplomatie sowohl als auch in Bezug auf Handelskredite getan habe. Es sei nicht unmöglich, daß diese Gefühle auf diskrete Art den Lei­tern der deutschen Politik zur Kenntnis gebracht würden mit der verschleierten Andeutung, daß es Deutschland sei, das am meisten durch eine solche Politik verlieren würde.

*

Rückkehr des amerikanischen Botschafters Herrick nach Paris.

TU Paris, 28. Okt. Besondere Aufmerksamkeit erregt die Nachricht von der Rückkehr des amerikanischen Botschafters

Tages'Tpiegel.

Die Botschafterkonftrcnz wird, wie nochmals ausdrücklich er­klärt wird, keine weitere Entwaffnungsnote an Deutschland senden.

General Rollet hat sich ftir ein Fortbestehen der Interalliierten Kontrollkommission in Berlin ausgesprochen.

*

Das Reichskabinett hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit denk Finanzausgleich beschäftigt und die Stellungnahme dei Reichsregienmg auf der für den 2. November einberuftnc» Konferenz der Finanzminister der Länder vorbereitet.

-»

Der Handelsvertrag mit Deutschland ist gestern vom lettländischc» Parlament endgültig und einstimmig angenommen worden.

»

Das französische Außenamt hält Mussolinis Bcrhandliingsver- suche augenblicklich für unzweckmäßig.

»

Bei der Aussprache der Reichskonfercnz über die auswärtige» Angelegenheiten haben die Vertreter der Dominions einstim­mig beschlossen, den Locarno-Vertrag anzuerkrnnen.

Die englische Regiening hat es abgelehnt, im Kohlenkonflikt erneut die Vermittlerrolle zu übernehmen.

*

Die französisch-spanischen Tmigerverhandlungcn sollen gegen Ende November in Paris beginne«.

Hcrnick- nach Paris. Herrick wurde, wie eriimerlich, gleichzeitig mit dem amerikanischen Botschafter in Berlin und London vom Präsidenten Cooltdge nach Washington berufen, der nach seiner Aussprache über das SchuldenprMem mit Staatssekretär Mel­lon auch die Auffassung der europäischen Botschafter wissen wollte. Nach den Nachrichten zu urteilen, scheint Präsident Coolidges Ansicht sich nicht geändert zu haben. Herrick soll von ihm beauftragt worden, sein, der französischen Regierung mit­zuteilen, daß die Bankiers der Wallstreet sich weigern würden, sowohl Kredite für Frankreich zu eröffnen als auch der Unter­bringung der Dawesobligationen in Amerika zuznstimmen und daß die Vorbedingung ihrer Beteiligung an derartigen Trans­aktionen die Ratifizierung des Schuldenabkommens Mellon- Verenger durch das französische Parlament sei.

Dft kricgsbeschädigteu französischen Offiziere gegen Ratifizierung des Schnldenabkommens.

TU Paris, 28. Okt. Der Kongreß der kriegöbeschädigteu Offiziere unter Vorsitz seines Präsidenten, des Abgeordneten Oberst Fabrh, hat in seiner Schlußsitzung mit Stimmencinheit eine Tagesordnung angenommen- in der sich die kriogsbescha- digten Offiziere gegen die Ratifizierung der Schuldenabkolmen mit London und Washington aussprechen, wenn dieselben nicht eine Sicherheits- und TransferKanftl enthalten sollten. Auch dürften die von Frankreich zu leistenden Zahlungen auf keinen Fall die von Deutschland geforderten Zahlungen übersteigen. Sie würden bei aller Anerkennung der Fähigkeit Poincares nicht von ihrer Gegnerschaft gegen die Ratifizierung der Schuldenabkommen ablasftn, da dieselben ihre Kinder und Kindeskinder auf lang« Jahre hinaus unter fremde Herrschaft bringen würden.

Die Stabilisierung in Belgien.

Belgien und die Wertsteigcrung des französische» Franken.

TU Paris, 28. Okt. Nach einer Brüsseler Meldung desJour­nal des Debats" erregt dort die während der vergangenen Tags beobachtete Wertsteigerung des französischen Franken besonderes Interesse. Manche wollen in derselben ein ungünstiges Anzeichen für die belgische Stabilistevungsaktion erblicken. Andererseits wird bemerkt, daß die Hausse des französischen Franken eine aus­gesprochene Ausfuhrprämie für die belgische Industrie bedeut«, während zu gleicher Zeit die französische Ausfuhr nach Belgien ab- nehme. Danach hätte die Wertsteigerung des franziffischen Fran­ken für die belgische Handelssinanz einen doppelten Wert.

Regierungserklärung in Prag.

Die Regierungserklärung vom Prager Senat angenommen.

TU Prag, 28. Okt. Der Prager Senat hat am gestrigen Mitt­woch die Regierungserklärung der tschechoslowakischen Regierung in Anwesenheit des Ministerpräsidenten Svchla mit 73 gegen 56 Stimmen angenommen. Für die Erklärung des KriegKministers in der Eajda-Affäre stimmten auch die sozialistischen oppositio­nellen Parteien. Der Abstimmung war eine längere Erklärung des Kriegsnrinisters über die tschechischen Flugzeugunsälle voran- gegangen. Danach find in diesem Zähre 17 tschechoslowakische Flie­ger tödlich verunglückt. Der Kriegsminister wies die Zwischen­rufe, daß das Flngzeugmateriak unzulänglich sei, zurück n«E stellt« fest, daß es ausschließlich einheimisch«, Erzeugnis sei.