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Öffentliche Kreistagssitzung am 4.11.1968
2. Überdas Zentrale-Orte-Programm hinausgehend schlägt der Landkreis, den Stellungnahmen der betreffenden Gemeinden und der Regionalen Planungsgemeinschaft folgend, vor,
a) Neuenbürg als Unterzentrum
b) Althengstett, Feldrennach-Conweiler-Schwann, Simmersfeld und Stammheim als Mittelpunktgemeinden
c) die Gemeindegruppe Grunbach-Salmbach-Engelsbrand als Selbstversorgergemeinde und Entlastungsort im Verdichtungsraum Pforzheim
einzuordnen.
V. Die Zuordnung nach dem Zentrale-Orte-Programm
1. Der Landkreis und die Regionale Planungsgemeinschaft sind übereinstimmend der Auffassung, daß man die zentralen Orte zwar festlegen solle, von einer starren Zuordnung anderer Gemeinden zu diesen Zentralorten jedoch absehen müsse. Vor allem in Grenz- und Uberlappungsbereichen könnte eine derartige Planung keinen absoluten Gültigkeitsanspruch erheben, zumal da gerade dort die Entwicklung im ständigen Fluß ist und jeweils nach dem Standort der Betrachtung (Schwerpunkt auf Kirchspiel, Schule, Kulturellem, Gesundheitspflege, Straßen-Bahn-Kraftfahrzeuglinien, Industriependler usw.) viele Orte mit guten Gründen unterschiedlich oder mehreren Zentralorten zugeordnet werden müssen oder eine Zuordnung überhaupt nicht möglich ist. Es wird hierbei allerdings nicht verkannt, daß in Anbetracht der beabsichtigten und erforderlichen Förderung der Zentralorte auch deren ungefährer Versorgungsbereich bestimmt werden muß. Keinesfalls aber wird es dem dynamischen, zukunftsgerichteten Charakter der Landesplanung gerecht, wenn den Zentralorten bestimmte Gemeinden fest zugeordnet werden. Aus diesem Wesen der Planung folgt auch, daß der Landkreis sich angesichts der Veränderlichkeit der für die zentralörtliche Bestimmung maßgebenden Verhältnisse für die Zukunft eine Änderung seiner Stellungnahme Vorbehalten muß.
2. Die Lebensbedürfnisse des Einzelnen gehen heute weit über das Regelangebot an kommunaler Daseinsvorsorge der kleineren Gemeinden hinaus. Die Entwicklung hat in vielen Bereichen (z.B. Schule, Arbeitsstätte, Krankenversorgung usw.) kommunale Grenzen gesprengt. Nach dem Auftrag des Raumordnungsgesetzes sollen aber auch in ländlichen Gebieten in einer für die Bewohner zumutbaren Entfernung Gemeinden mit zentralörtlicher Bedeutung einschließlich der zugehörigen Bildungs-, Kultur- und Verwaltungseinrichtungen gefördert werden
(§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 ROB). Der Landkreis begrüßt daher Ausbau und Förderung solcher Zentralorte. Strukturfördernde Maßnahmen des Bundes und des Landes sollten jedoch so abgestimmt werden, daß eine Verödung des Raumes um die zentralen Orte verhindert wird.
Stets sollte berücksichtigt werden, daß der zentrale Ort nicht um seiner selbst willen, sondern zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen seines Einzugsbereichs geschaffen oder ausgebaut werden soll. Der zentrale Ort darf nichts anderes sein als ein Versorgungsträger, der für ein bestimmtes Gebiet eine Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnisse gewährleistet.
VI. Sonderstellung der Fre md enverkehrsorte
ln dem Landkreis Calw als einem der bedeutendsten Fremdenverkehrskreisen des gesamten Bundesgebiets bedürfen die prädikatisierten Fremdenverkehrsorte auch im Rahmen der Landesplanung einer besonderen Behandlung und Förderung. Fast alle diese Orte weisen die Ausstattung zumindest eines kleinen Zentrums auf, ohne jedoch die entsprechende zentralörtliche Ausstrahlung zu haben. Sie müssen im Gegensatz zu anderen Gemeinden Kuranlagen, Bäder, Wanderwege und andere Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge schaffen. Diese gemeindlichen Vorleistungen werden indessen aufgrund des relativ geringen Steueraufkommens aus dem Fremdenverkehrsgewerbe auch nicht annähernd ausgeglichen. Eine zielgerichtete Förderung dieser Gemeinden ist um so mehr geboten, als die Fremdenverkehrsorte im Landschaftspark Nördlicher Schwarzwald im ständig wachsenden Maße Nah- und Fernerholungsaufgaben wanrnehmen und so bereits jetzt den Zielsetzungen des Landesentwicklungsplanes (insbesondere Ziff. 3.5.4) nahe kommen.