NACHRICHTENBLATT

DER MILITÄR.REGIERUNG FÜR DEN KREIS CALW

AVIS DU GOUVERNEMENT MILITAIRE, DU LANDRAT ET DE TOUTES LES AUTORITES DE LARRONDISSEMENT DE CALW

CALW

7. Dezember 1945

Nr. 39

Sitzung des Militärgerichts Calw

Der Einfache Gerichtshof der Militär­regierung tagte am 30. November unter dem Vorsitz des Herrn Gouverneurs, Com mandant Frenot, im Sitzungssaal des Amtsgerichts Calw. Verhandelt wurde zu­nächst gegen einen in Arnbach wohnhaf­ten Güterbeförderer wegen Nichtangabe und Verschiebung meldepflichtiger Wa­ren. Der Angeklagte hatte entgegen den Anordnungen der Besatzungsbehörde und des Bürgermeisteramts in seinen Besitz übergegangenes Wehrmachtgut nicht an­gemeldet und versucht, etwas hiervon auf einem Lastkraftwagen nach Pforzheim zu verbringen. Das . Urteil lautete auf 3 Mo nate Gefängnis und 1000 Mark Geldstrafe oder 100 Tage Haft.

- Wegen unerlaubten Ankaufs von Ma­schinen und Werkzeug hatte sich ein Kaufmann aus Hirsau zu verantworten. Aus einem ehemaligen Calwer Rüstuugs- betrieb hatte der Angeklagte neben eini­gen Maschinen auch ein Werkzeugmikro­skop von großem Wert gekauft, ohne in­dessen eiue Zahlung zu leisten. Trotz der bald darauf vorgeiiotmnenen Beschlag' nähme des Werkes und seiner Einrich- geu durch den französischen Staat hatte er das keineswegs in seinen Besitz über­gegangene Meßinstrument widerrechtlich abholen lassen und dem Liquidator gegen­über die Zurückgabe trotz dreimaliger Aufforderung verweigert. Der Gerichts­hof nahm nach eingehender Verhandlung und zahlreichen Zeugenvernehmungen den Angeklagten in eine Strafe von 6 Mo­naten Gefängnis und verhängte zudem eine Geldstrafe von KJU0 Mark bzw. 100 Tage Haft. Die strafbare Handlung wurde in der Wegnahme des Gerätes aus dem beschlagnahmten Werk und in der Rück­gabeverweigerung erblickt. .- t Ein löjäliriger ehemaliger Reichsbahn- nelfer aus Ostelsheim hatte aus dem Eisenbahntunnel bei Aithengslett ein 22 kg schweres Paket mit Filz entwendet, das aus einem dem französischen Staat gehörigen Lager stammte. Der Junge gab an, er habe Filz zum Unterlegen eines scheuernden Pferdegeschirrs gebraucht. Der Gerichtshof ließ Milde walten und verurteilte den jugendliehen Angeklagten zu einem Monat Gefängnis mit Bewäh­rungsfrist; er wurde in Freiheit gesetzt.

Ein Dummbr-Jungenstreich mit sehr ernsten Folgen, welcher der gesamten Stadt Neuenbürg teuer hätte zu stehen kommen können, brachte zwei 14- und einen 12jährigen Buben, drei ihrer Eltern sowie zwei an und fjür sich unbeteiligte junge Mädchen, also insgesamt 8 Perso­nen als Angeklagte vor das Militärgericht. Die Jugendlichen hatten sich durch An- bringeu eines Plakates nazistischen Ge­präges an der Anschlagtäfel des Rathau­ses die Anklage eines revolutionären An­schlages, d. h. des Versuchs politscher Un- ruhestiftung zugezogen, zwei Väter der Minderjährigeu hatten für deren Unfug zu haften, während die beiden angeklag- ten jungen Mädchen den Anschlag gelesen und darüber gesprochen hatten, anstatt durch Anzeige bei der Polizei für dessen sofortige Entfernung besorgt zu sein. Die Hauptschuld an dem ebenso törichten wie verantwortungslosen Vorfall war der Mut­ter des Jüngsten der Jugendlichen zu­zumessen. Sie hatte auf einer Reise ins Badische in Langensteinbach ein ähn­liches Plakat gesehen und angeblich um ihre Kinder zu warnen davon im Fami­lienkreis erzählt. Die Jugendlichen sag­ten bei der Vernehmung aus, daß sie einen dummen Streich begangen hätten, ohne sich hierbei der Tragweite ihres Handelns bewußt gewesen zu sein. Der Gerichtshof verurteilte die drei Jungen zu einer sechs­monatigen Internierung in einer Spezial­schule; die Kosten hierfür gehen zu La­sten ihrer Familien. Für ihren unglück­lichenErziehungsversuch erhielt die Mutter, welche durch ihre Erzählung den Vorfall erst herbeiführte, wegen Weiter­verbreitung des Anschlags eine Gefäng­nisstrafe von 1 Monat, während zwei der Väter mit einer Gefängnisstrafe von 15 Tagen mit Bewährungsfrist und die beiden jungen Mädchen mit dem gleichen Strafmaß davonkamen. Die letztgenann­ten vier Angeklagten wurden auf freiem Fuß belassen; die Jugendlichen sowie die verurteilte Mutter mußten die Strafe so­fort antreten

Drei Arbeiter aus Calmbach standen

unter der Anklage des Diebstahls. Sie

hatten beim Bau eines Schuppens der französischen Armee gehöriges Material und Werkzeug entwendet und das gestoh­lene Gut es handelte sich um geringe Mengen nach erfolgter Anzeige zu­rückgegeben. Der Gerichtshof erkannte in zwei Fällen auf eine Gefängnisstrafe von je 1 Monat mit Bewährungsfrist, im dritten Fall der Angeklagte hatte zu­gegeben, drei- bis viermal gestohlen zu haben auf eine Gefängnisstrafe von 1 Monat.

Die Verhandlung gegen eine Hausfrau aus Altensteig wegen verbotenen Waffen­besitzes die Angeklagte hatte von einer ihr bekannten Frau,' ohne über dessen In­halt Kenntnis zu besitzen, einen Karbon in Verwahrung genommen, der eine Schußwaffe enthielt' wurdebis zur nächsten Gerichtssitzung vm-tagt und die Verhaftung der Besitzerin der beschlag­nahmten Waffe beantragt.

Die Anklage gegen einen 16jährigen Schüler aus Nagold wegen verbotenen

Waffenbesitzes wurde vom Gericht fallen gelassen, da es sich .bei der fraglichen ( Waffe lediglich um ein feststehendes lles- ser normaler Größe handelte. Indessen verhängte der Gerichtshof eine Gefäng­nisstrafe von 2 Monaten, an der 14 Tage Haft abgehen, weil der Angeklagte An­gehörigen der französischen Armee ge­genüber nicht die gebotene Achtung be­zeigt hatte.

Wegen tendenziöser Aeußerungen, die ' geeignet waren, dem Ansehen der franzö­sischen Armee zu schaden, hatte sich ein Kaufmann aus Calw zu verantworten. Erschwerend fiel ins Gewicht, daß der als Wichtigtuer bekannte junge Mann zurzeit der Aeußerungen Gefängniswärter " in französischem Dienst war und diese da­mit. eine gewisse Glaubhaftigkeit gewan­nen. Der Angeklagte wollte die Aeuße­rungen lediglich getan haben, um Frank­reich zu verteidigen. Das Gericht nahm ihn für diesen recht unglücklichen Ver­such in eine Strafe von 3 Monaten. Ge­fängnis, auf welche eine bereits verbüßte Haft von 2 Monaten angerechnet wird.

Bekanntmachungen für den Kreis Calw

, Bürgermeister-Ernennungen im Kreis Calw

Mit Genehmigung des Herrn Gouver­neurs, Comraandant Frenot, ernenne ich zum Bürgermeister in Egenhausen Herrn Martin Wolf, Schreiner and Landwirt daselbst,

E n z k 1 ö &4.e r 1 e Herrn Jakob Waide- 1 i c h, Holzhauer daselbst.

Calw, 29. November 1945.

Der Landrat.

Schriftverkehr mit den französischen Behörden

Im Auftrag der Militärregierung gebe ich bekannt:

Weder Briefe noch Anfragen .irgend­welcher Art an die französischen Behör­den dürfen nur in deutscher Sprache ab­gefaßt seih. Es muß jedem Schriftstück eine französische Uebersetzung beigeschlossen werden. Jeder Briefeip- gang, der den französischen Wortlaut nicht enthält, geht sofort unerledigt an den Absender zurück.

Der Landrat.

Kreisstadt Calw

Wohnungs-An-, Ab- und Ummeldungen

Trotz ergangener Aufforderung erfol­gen die An-, Ab- und Ummeldungen von Wohnungen und Einzelzimmern nicht restlos. Ich bringe diese Anmeldepflicht nochmals dringend in Erinnerung. Unter­

lassungen werden künftig bestraft evtl, kommt Einbehaltung der Lebensmittelkar­ten in Frage.

Jeder Umzug, jede Belegung oder Auf­gabe einer Wohnung oder eines Einzel­zimmers darf nur mit Genehmigung des Wohnungsamtes erfolgen.

Der Bürgermeister.

Die Kehrichtabfuhr

erfolgt künftig wieder wöchentlich.

Dbr Bürgermeister.

Kriegsgefangenen-Sendungen

Die Postdirektion in der französisch be­setzten Zone von Württemberg gibt be­kannt:

Die französische Militärregierung hat in zeitlich beschränktem Umfang den Ver­sand von Briefen, Postkarten und Paketen an deutsche Kriegsgefangene in Frank­reich oder in der französisch besetzten Zone, soweit deren Familienangehörige in dieser Besetzungszone wohnen, unter folgenden Bedingungen genehmigt. - Zu­gelassen werden ab sofort:

Postkarten und geschlossene Briefe. Das Höchstgewicht für Briefe ist auf 20 g beschränkt. Die Einlieferung der Sendungen muß am Postschalter er­folgen. Gebühren sind nicht zu erheben. Der Inhalt muß in deutscher Sprache ab-, gefaßt sein; Chiffern und Gelieimwmrte dürfen nicht gebraucht werden. Der Ab­

sender ist mit dem vollen Namen unter ge­nauer Bezeichnung der Wohnung anzuge­ben. Die Anschrift des Empfängers hat zu enthalten: Name, Vornamen, Kriegsgefan- genen-Nr., Waffengattung, Dienstgrad und Ort der Unterkunft. Sie muß deutlich les­bar mit Maschinenschrift oder in großen lateinischen Druckbuchstaben mit der Hand geschrieben sein. Sendungen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, insbesondere solche mit ungenügender An­schrift, sind an den Absender zurück- zügeben.

Letzter Einlieferungstag: 15. Dezem­ber 19 4 5.

Pakete. Das Höchstgewicht beträgt 5 kg. Pakete im Gewicht von weniger als 1 kg sind nicht zugelassen. Gebühren sind nicht zu erheben. Der Inhalt darf bestehen aus Wäsche, Kleidern, Decken und nicht verderblichen Lebensmitteln. Ausgeschlos­sen sind zerbrechliche Gegenstände (Glas usw.) und Flüssigkeiten sowie die Bei­fügung von schriftlichen Mitteilungen persönlicher Art. Die Pakete müssen deut­lich lesbar die vollständige Anschrift des Absenders und des Empfängers (siehe un­ter a) tragen und gut verpackt sein. Den Absendern ist in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen, daß Pakete mit un­vollständiger und unrichtiger Anschrift oder mit abgefallener Anschrift zur Ver­fügung des Lagerkommandanten gestellt werden, der sie dann an die bedürftigsten deutschen Kriegsgefangenen aushändigen kann.

Letzter Einlieferungstag: 15. Deeem« ber 1945.

Wiederaufnahme des Postsparkassendienstes

Das Postamt Calw gibt bekannt:

Vor Wiederaufnahme des Postsparkas­sendienstes ist die Zahl der vorhandenen Postsparbücher sowie die Höhe der Ge­samtguthaben festzustellen. Durch An­schlag in den Postämtern und an den Rat­häusern wurden die Vorlagetermine für Postsparbuchinhaber bekanntgegeben. Die Nachzügler haben Gelegenheit, am Mon­tag, 10. Dezember, vorm, von 8.30 bis 12 Uhr und von 1418 Uhr ihre Spar­bücher beim Postamt Calw vorzulegen. Sparbücher, die nach den festgesetzten Terminen vorgelegt werden, können nicht mehr bearbeitet werden. Die Inhaber ha­ben eine vorschriftsmäßig begründete Eingabe an das Gouvernement Militaire Regional (Sektion PTT.) in Tübingen zu richten.

Herausgeber: Gouvernement Militaire de Calw. Verwaltung u. Anzeigenannahme: Der Landrat in Calw, Abt. Bekannt* oachungen. Druck: A.Oelschl&gersche Buchdruckerei, Calw

Lebensmittelrationen für den 83. Ernährungszeitraum vom 1. bis 31.12.1945

*

Mit Genehmigung des Herrn Gouverneurs, Commandant Frenot, werden für den Monat Dezember außer den Sonderzuteilungen folgende Lebensmittelrationen für den 83. Ernährungszeitraum vom 1. bis 31. Dezember 1945 abgegeben:

Lebensmittel

Abschnitte

'S -

Brot*)

Nr. Gramm

Fleisdi

Nr. g

Fett

Nr. g

Käse

Nr. g

Zucker

Nr. g

Kaffee-

Ersatj

Nr, g

Nähr­

mittel

Nr. g

Milch

je

Woche

K. über 18 Jahre

8000

440

44U

220

125

500

E-MilcU

1 8. 12.

1

2000

8

100

15

Hk)

_

43

50

36

/ilieTaea.ALsdin.

9.-15. 12.

2

1 2000

9

100

16

100

od.SV.

od. SV.

od.SV.

16.22. 12.

3

2000

10

100

17

100

300

308

306

23.-31. 12.-

4

1500

11

140

18

90

_

fl.-

Ibscliu. 500

Kl.Abselii.

50

Jgd. 10-18 Jahre

9500

440

440

440

125

500

E-Milch

1.- 8. 12.

1

2000

8

100

15

100

_

43

50

36

VH je Tag a. Abschn.

9.-15. 12.

2

2000 -"9

100

16

100

. od.SV.

od.SV.

od.SV.

J.2

16.22. 12.

3

3000

10

100

17

100

301

303

306

23.31. 12,

4

2500

11

140

18

140

Kd. 610 Jahre

8500

220

440

775

125

500

E-Milcii

1 8. 12.

1

2000

8

50

15

100

_

43

50

36

V« 1 je Tag a. Abschn.

9.15. 12.

2

2000

9

50

16

100

__

od.SV.

od.SV.

od.SV.

J- 1

16.-22. 12.

3

2000

10

50

17

MX)

302

308

306

23.31. 12.

4

2500

11

70

18

140

Klk. 36 Jahre

4500 Brot 1500 Mehl

220

220

_

775

500

Vollmilch

1. 8. 12.

1

1500 Br.

8

50

15'

50

_

43

36

»/, 1 je Tag a Abschn.

9.15. 12.

2

1500 Br.

9

50

16

50

oder

_

oder

K- r L

16.22. 12.

3

1500 M.

10

90

lt

50

_

SV/K2

SV K2

23.31. 12.

4

1500 Br.

11

70

18

70

300

306

Klst. 03 Jahre

1700 Mehl

1860

_

500

Vollmilch

1. 8. 12.

1

1000

_

_

.

43

36

*U 1 je Tag a. Abschn.

9.15. 12.

_

_

oder

_

oder

K. 1

16.22. 12.

2

700

SV/Kl

--

SV Kl

23.31. 12.

300

306

-

*) Anstelle vo« I« 1004 Gramm Brot kennen je f80 Gramm Mehl bezog«* werden«

y

*

Calw, den 2. Dezember 194$.

Der Landrat Kreisernährungsamt