NACH MIC
DER MILITÄR.REGIERUNG FÜR DEN KREIS CALW
AVIS DU GOUVERNEMENT MILITAIRE, DU LANDRAT ET DE TOUTES LES AUTORITES DE L’ARRONDISSEMENT DE CALW
Streifliditer zur Lage
. Landrat Wagner gab dieser Tage einem Vertreter des „Nachriclitenblattes der Militärregierung“ Antwort auf folgende Fragen:
„W as ist von den Gerüchten zu halten, die über die Ankunft der Ostflüchtlinge umlaufen ?“
CALW
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„Dazu ist Folgendes zu sagen: Zu den unglücklichsten Opfern des Krieges gehören ohne Zweifel die Ostflüchtlinge. Die Anzahl der Deutschen, welche jetzt aus dem Osten in das westliche Deutschland zurück kehren, bewegt sich in einer Höhe, die zwischen 7 und 9 Millionen geschätzt wird. Bedenken Sie, daß alle Deutschen östlich der Oder und der Neiße, also alle Schlesier, alle Lausitzer, alle Westpreußen und allö Ostpreußen nach dem Westen abwandern müssen. Hierzu kommen noch die Deutschen aus dem Balkan, aus Oesterreich, der Tschechoslowakei und Polen. Alle diese Menschen müssen eine Heimat verlassen, in der sie meistens schon viele Jahrhunderte ansäßig gewesen sind. Sie werden, soweit man bis jetzt schon übersehen kann, in einem jämmerlichen Ernöhrungs und Bekleidungszustand und fast ohne Gepäck ankommen, außerdem vielfach mit Seuchen und Krankheiten behaftet. Ueberdies werden die Transporte nach den jetzigen kurzen Erfahrungen ganz überwiegend aus Frauen und Kindern bestehen, so daß das Auftreten der Ostflüchtlinge uns nur belastet, aber unserer Volkswirtschaft kaum irgendeinen Nutzen bringt, denn die Männer in arbeitsfälligem Alter werden in der Hauptsache zurückbehalten.“
„W o wird man nun alle diese unglücklichen Rückwanderer unterbringen? Wo sollen sie neben den vielen Evakuierten, die noch im Kreise s-ind, Platz finden?“
„Damit schlagen Sie eines der fürehter- lielisten und tragischsten Kapitel im leidvollen Dasein unseres Volkes an. Um die Ostflüchtlinge unterzubringen, muß man Evakuierte jetzt mitten im Winter wegschaffen. Die ersten Abtransporte sind vor kurzem unter Mithilfe meiner Verwaltung und mit tatkräftiger Unterstüt zung des Roten Kreuzes, welches hier zum ersen Male wieder stärker in Erscheinung getreten ist, erfolgt. Ueberall da, wo durch Rücktransport eines -Evakuierten jetzt ein Plätzchen frei wird, sollen Ostflüchtlinge untergebracht werden.“
„Sie sagten aber vorhin, daß diese Ostflüchtlinge vielfach mit Krankheiten und Seuchen behaftet sind?“
„Gewiß, deshalb müssen wir sie zunächst auch in großen, uns noch zur Verfügung stehenden Anstalten unterbrin- gen und ärztlich überwachen und betreuen lassen, damit nicht asiatische Krankhei- ‘
Kreisstadt Calw
Abschaltzeitcn in der Stromversorgung
Mit sofortiger Wirkung ist mit nachstehenden Absclialtzeiten in der elektr. Stromversorgung zu rechnen:
1. Für das gesamte Stadtgebief mit Ausnahme von Krappen, Walkmühleweg und Teuchelweg Montag, Donnerstag und Freitag 13.30—17 Uhr, Mittwoch 8—11.30 Uhr.
2. Für das Gebiet Krappen, Walkmühleweg und Teuchelweg Montag und Dienstag von 8—17 Uhr.
Der Bürgermeister.
Gas ve r sorg ung
Die gelben Gaszuteilungskarten sind nun für das ganze Gasversorgungsgebiet ausgegeben. Nur diejenigen Abnehmer, welche die anfangs Oktober ausgegebenen Postkarten mit Fragebogen noch nicht zuriick’gegeben haben, haben keine Zuteilungskarto erhalten. An sie ergeht nunmehr die letzte Aufforderung, die Karte umgehend ausgoftillt zurückzugeben oder sich im Rathaus Zimmer 3 eine neue geben zu lassen, andernfalls erfolgt bei ihnen sofort Gassperre.
Nur wer eine gelbe Zuteilungskarte erhalten hat, darf bei Freigabe des Gases Gas verbrauchen.
i-. Der Bürgermeister.
4. Dezember 1945
Nr. 38
ten, die vielfach viel stärker auftreten 1 als dieselben Krankheiten in Westeuropa, bei uns eingeschleppt werden und unsere Nöte und Sorgen noch vermehren.“
„W erden diese Ostflüchtlinge einfach zu uns hereingestopft oder wird der Transport nach einheitlichen Gesichtspunkten dirigiert?“
„Selbstverständlich das Letztere. Die Verwaltung des französisch besetzten Württemberg in Tübingen hat einen besonderen Flüchtlingskommissar, der sich mit der Lenkung des Flüchtllngsslroms befaßt.“
„Sie sagten, daß in der Hauptsache Frauen und- Kinder kommen. Sind diese Flüchtlinge trotzdem irgendwie in die Volkswirtschaft einzu- g 1 i eder n?“
Amtsenthebung
Ich habe mich veranlaßt gesehen, den erst am 25. 10. 1945 von mir eingesetzten Bürgermeister Ewald Lessmann, Egenhausen, mit sofortiger Wirkung abzuset- zeif. Lessmann hat französische Soldaten, die keinerlei Orts- und Personalkenntnis besaßen, im Anschluß an eine Festlichkeit veranlaßt, verschiedene Einwohner ,des Dorfes'zu mißhandeln und sich selbst die Gegenstände der Mißhandelten angeeignet. Die Militärregierung behält sich die Bestrafung des Lessmann, welcher zurzeit flüchtig ist, vor.
Mit Abscheu wende ich mich samt allen Einwohnern der Gemeinde Egenhausen von diesem unwürdigen Bürgermeister.
Der Landrat.
Die Schrwarzsehlächter
helfen mit die Lebensmittelversorgung des Kreises Calw zu gefährden.
Es wurde daher angeordnet, daß jeder Schwarzsehlächter n£ben der gerichtlichen Strafe mit der Ausweisung aus dem Kreis und der zwangsweisen Verpachtung seines Anwesens zu rechnen hat.
Calw, 2. Dezember 1945.
Der Landrat.
Schlußschein- und Meldpflicht für den Umsatz von Schlacht-, Nutz- und Zuchtvieh
Die Landesverwaltung für Landwirtschaft und Ernährung, Landesernährungsamt Württ.-Hohenzollern, Außenstelle Tübingen, hat mit Erlaß vom 28- 10. 1945 angeordnet, daß mit sofortiger Wirkung jeglicher Umsatz von Schlacht-, Nutz- und Zuchtvieh schlußscheinpflichtig ist. Nachstehend angegebene Tiere: Pferde, Ochsen, Bullen, Kühe, Rinder, Schweine, Kälber und Schafe dürfen
Der Alliierte Kontrollrat hat am 20. Oktober 1945 ein Gesetz über Steuererhöhungen — bezeichnet als Gesetz Nr. 3 — erlassen, das in deutscher Ueber- setzung den folgenden Wortlaut hat:
„Artikel I. Die Lohnsteuer wird als Notstandsmaßnahme für die Zeit vom 1. Oktober 1945 bis 31. Dezember 1945 um 25 v. H. erhöht.
Artikel II. Die Einkommensteuer (außer Lohnsteuer) und die Körperschaftsteuer werden um 6,25 v. H. für das ganze laufende Jahr erhöht. Der gesamte Steuerbetrag wird vor dem 31. Dezember 1945 erhoben werden.“
Zum Vollzug dieses Gesetzes wird mit Zustimmung der Militärregierung für die französisch besetzten Gebiete Württembergs und Hohenzollerns folgendes bestimmt:
1. L oh ns t euer.
Sämtliche Arbeitgeber werden aufgefordert, von der nächsten Lohnzahlung ab die ein zubehaltenden Lohnsteuerbeträge (einschließlich Kriegszuschlag) um 25 v. H. zu erhöhen.
Die für die Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 1. Oktober 1945 geendet haben, bisher nach dem obenstehenden Gesetz zu wenig einbehaltenen Loimsteuer-
1 „Das wird selbstverständlich in weitgehendem Maße versucht werden. Sie dürfen nicht vergessen, daß teilweise auch Bevölkerungen kommen, wie z. B. die Sudetendeutschen aus Gablonz, welche außerordentliche Erfahrungen in der Herstellung von Knöpfen, Glaswaren, billigem Schmuck usw. mitbringen. Man wird selbstverständlich versuchen, diese Bevölkerungsteile einheitlich anzusiedeln und mit deren Hilfe wieder neue Export- iudustrien aufzubauen.“
• „Weiß man eigentlich schon, wieviel Ostf1üch11 i nge in den Kreis Calw herein kom- m e n?“
„Das weiß man noch nicht. Aber man hat unsere Vorstellungen über die Nöte unseres Kreises, der zu den Nolkroisen des französisch besetzten Württemberg gehört, berücksichtigt, und ich hoffe, die Belastung wird nicht allzu groß werden.“
daher von einem Viehhalter nur abgegeben werden, wenn der Käufer im Besitz eines Schlußscheines ist. Die Abgabe von Schlachtvieh darf überhaupt nur an zugelassene Händler und Metzger erfolgen. Schweine mit einem Lebendgewicht von über 50 kg dürfen auch an Landwirte nur abgegeben, werden, wenn der Käufer im Besitz einer vom Kreisernährungsamt ausgestellten Einkaüfs- genehmigung ist. Weiter wurde angeordnet, daß jeder Umsatz dieser Tiere sofort, spätestens innerhalb zwei Tagen, vom Käufer und Verkäufer seinem zuständigen Bürgermeisteramt unter Vorlage des Schlußscheines zu melden ist.
Nähere Auskunft erteilt das Bürgermeisteramt. Zuwiderhandlungen werden nach den geltenden Bestimmungen bestraft und können neben Bestrafung die Beschlagnahme und unentgeltliche Ablieferung des verkauften Tieres zur Folge haben.
Der L&ndrat.
Bekanntmachung
Amtsgericht Calw
1. Das Amtsgericht Calw ist ab Donnerstag, 6. Dezember 1945, für den Geschäftsverkehr in beschränktem Umfang wieder geöffnet.
2. Sprechtage zur Rechtsberatung und zur Aufnahme von Anträgen Montag, Mittwoch und Freitag von 8—12 Uhr.
3. Das Bezirksnotariat Bad T e i n a c h ist wieder eröffnet. Die Kanzlei des Bezirksnotariats befindet sich im Postgebäude in Bad Teinach.
4. Samstags sind die Kanzleien aus Gründen der Brennstoffersparnis bis auf weiteres geschlossen.
Dr. G1 a t z, Amtsgerichtsdirektor.
betrüge sind nachzufordern oder bei künftigen Lohnzahlungen, spätestens bis zum Ende des Kalenderjahres einzubehalten.
2. Einkommensteuer und Körperschaftsteuer.
Alle Einkommensteuerpflichtigen und Körperschaftsteuerpflichtigen haben am 10. Dezember 1945 neben der regelmäßigen Vorauszahlung auf die Einkommensteuer bzw. auf die Körperschaftsteuer 1945 6K v. H. oder Via (ein Sechzehntel) der Summe der für das Kalenderjahr 1945 bisher entrichteten und noch zu entrichtenden Vorauszahlungen an das zuständige Finanzamt zu zahlen (Erhöhungsbetrag). Ist am 10. Dezember 1945 keine Vorauszahlung zu entrichten, so ist der Erhöhungsbetrag mit einem Sechzehntel nach den Vorauszahlungen zu berechnen, die insgesamt zu deu zurückliegenden Vorauszahlungszeitpunkten fällig gewesen sind.
Der Erhöhungsbetrag ist auf volle Reichsmark abzurunden. Bei der Zahlung des Erhöhungsbetrags ist von dem Steuerpflichtigen gesondert anzugeben, welcher Teil der Zahlungen auf die regelmäßige Vorauszahlung und welcher Teil auf den Erhöhungsbetrag entfällt. Hirsau, 28. November 1945.
Die Finanzämter Hirsau u. Neuenbürg.
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Sperrstundebeginn 22 Uhr
Das Gouvernement Mititaire Calw hat mit sofortiger Wirkung di9 Äusgeh- verbot-Zeit neu festgesetzt. Für den Bereich des Kreises Calw beginnt die allgemeine nächtliche Verkehrssperre abends um 22 Uhr und e^n(Let früh morgens um 5 Uhr. Die Bevölkerung hat während dieser Stunden das Verkehrsverbot streng zu beachten. Verstöße werden mit unnachsichtiger Strenge bestraft. Der Landrat
Schriftverkehr mit den französischen Behörden
Im Auftrag der Militärregierung gebe ich bekannt:
Weder Briefe noch Anfragen irgendwelcher Art an die französischen Behörden dürfen nur in deutscher Sprache abgefaßt sein. Es muß jedem Schriftstück eine französische Uebersetzung beigeschlossen werden. Jeder Briefein- gang, der den französischen Wortlaut nicht enthält, geht sofort unerledigt an den Absender zurück.
Der Land rat.
Lohnerhöhungen streng untersagt Im Auftrag der Militärregierung mach* ich alle Industrielle, Kaufleute und Handwerker des Kreises darauf aufmerksam, daß jede ungesetzliche Lohnerhöhung streng untersagt ist.
Der Landrat.
Die Bezugscheinstelle des Kreiswirtschaitsnmtes in Calw für Spinnstoff waren, Haushält- geräte usw. bleibt von Donnerstag, 6. Dezember 1945, bis einschließl. Samstag, 8. Dezember 1945, für den Publikumsverkehr geschlossen.
Der Landrat.
An die Kraftfahrzeughalter des Kreisest
Mit Wirkung vom 1. Dezember 1945 kann Generatorholz nur noch gegen Bezugschein abgegeben werden. Diese werden vofläufig nur vom Straßenverkehrsamt in Calw ausgestellt. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß Ausfuhr von Tankholz aus dem Kreis Calw verboten ist.
An die Kraftfahrzeughalter des Kreisest Zur Behebung von Zweifeln über die Bestimmungen im Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen, die Kraftverkehrsordnung, der Reichskraftwagentarif, sowie das Beförderungssteuergesetz weiterhin Gültigkeit haben.
Alle Fahrzeughalter im französisch besetzten Gebiet von Württemberg und Hohenzollern, die Gütertransporte durchgeführt haben und durchführen, müssen die Frachten nach wie vor Uber den Reichskraftwagen-BetriebsverbaDd Abrechnungsstelle Württemberg-Süd Tübingen, Naukler-Str. 47 I abrechnen.
Alle bisher noch nicht zur Abrechnung gelangten Fahrten sind daher sofort an die Abrechnungsstelle nach Tübingen einzureichen.
Die gesetzlichen Bestimmungen im Güterfernverkehr erstrecken sich auch auf Werkverkehrsunternehmen, soweit solche Ferntransporte für Dritte durchgeführt haben, oder durchführen. Die Einnahmen für Personenbeförderung mit Lastkraftwagen im Fernverkehr sind ebenfalls zur Abrechnung zu bringen. Nähere Tarif- ausktinfte auch im Nahverkehr, erteilt der R.K.B. Tübingen.
Eine Neuauflage des Reichskraftwagen- larifs ist im Druck und kann voraussichtlich gegen Ende dieses Monats bezogen werden.
Der Landrat
1 — Kreisstraßenverkehrsamt —
An die Hausfrauen! Hausfrauen, seht Eure Kartoffelvorräte regelmäßig durch! Eure Sorgfalt lohnt sich. Es dürfen diesen Winter durch Verderb keine Verluste entstehen!
Der Landrat
— Abt. Versorgungswirtschaft —
Herausgeber: Gouvernement Miiitaire de Calw« Verwaltung und Anzeigenannahme: Der Landrat in Calwi Abt Bekanntmachungen. Druck: A.O*Ucbllgcr’sche Buchdruckerei. Calw
Bekanntmachungen für den Kreis Calw
Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer
Bekanntmachung der Finanzämter Hirsau und Neuenbürg über die Durchführung des Gesetzes Nr. 3 betr. Erhöhung der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer