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Nr. 270

B«rl«ii der Schwarzwald-Wachl K.m.b.H. Calw. Brrantwonlich« Schrtstleilung: Friedrich Haut Scheele. für den Anzeigenteil: Georg Wurster. NreiSleilkr. Geschäftsstelle Calw <Alte» Postamt!, gernsxrecher 251. Schluß der Anzeigenannahme S Uhr vormittags. Druck: A. OelschlLgrr'sche Buchdruckerri Calw.

Samstag, 18. November 1933

Bezugspreis: Monatlich RM. ILÜ durch Träger. Bei Postdqug zuzüg, lich Zustellgebühr. Anzeigenpreis: Die kleinspaltige mm-Zeile ü Pfg.. ReNamezeile ZV Pfg. Bei Wiederholung Nachlaß. «rfttllungSor, für beide Teile Calw. Für richtige Wiedergabe von durch Fernspruch aufgeuommene« Anzeigen wird «eine Gewähr übernommen.

I. 3ahrga«g

Enthüllungen über den Reichstagsbrand

Aufsehenerregende Zeugenaussage eines ehemaligen KPD-Funktionärs

Der Angeklagte Torgler schwer belastet

Berlin» 18. Nov. Zur vorletzten Sitzung des 4. Straf­senats des Reichsgerichts in Berlin waren nur wenige, dar­unter aber außerordentlich bedeutsame Zeugen geladen. In erster Linie galt dies für den Maurer Grothe, der nicht nur als Belastungszeuge für Pvposf und Torgler gilt, son­dern auch sehr wichtige Ausschlüsse über die Tätigkeit des Notfrontkampferbundes und der Noten Hilfe machte. Eben­falls als Zeugen geladen waren die Kommunisten Singer und Kemvne r.

Die Verhandlung begann mit der Vernehmung des Zeu­gen Otto Grothe. Grothe, der einen glaubwürdigen Eindruck machte und sehr überzeugend sprach, erklärte u. a.:Ich möchte zunächst kurz die Gründe Mitteilen, die mich veranlaßt haben, mich freiwillig als Zeugen zu melden. Ich bin im Jahre 1921 der Kommunistischen Partei beigetreten, um dem Proletariat zu helfen. Ich habe aber sehr bald durch meine Arbeit sestgestellt, daß besonders in de» letzten 34 Jahre« ein unverschämtes Spiel mit de« Interessen der Arbeiter­schaft getrieben worden ist. Die Partei ist vollkommen büro­kratisch geworden und hat das Proletariat, das sie angeblich befreien wollte, belogen und betrogen. Ich wollte es als deut­scher Arbeiter nicht dulden, so erklärte der Zeuge weiter, daß die Nationalsozialisten, von denen man bei uns als von Hitler und seinen Konsorten" gesprochen hat, zu Unrecht be­schuldigt wurden, den Reichstag angesteckt zu haben. Heute, nach 9 Monaten, ist bewiesen, daß diese Männer wirkliche Staatsmänner sind."

Dasgeistige Schlage« der Faschisten"

Der Zeuge äußerte sich dann ausführlich über die Organi­sation des Roten Frontkämpferbundes, in dem er selbst Ka- meradschaftsführcr war. In der letzten Zeit habe jeder Mann seine Waffe gehabt. Bei einzelnen Mitgliedern, die besouLcis zuverlässig waren, seien in den Wohnungen die Waffen für vier oder fünf Kameraden aufböwahrt worden. In solchen Wohnungen habe dauernder Alarm bestanden. Dieser Zu­stand habe sich mit dem Tage, als Adolf Hitler Reichskanzler wurde, noch verschärft. Der Zeuge teilte dann zu der Parole Schlagt die Faschisten wo ihr sie trefft!" mit, daß nach sei­nen Erfahrungen diese Parole nicht etwa geistig aufzufassen war, sondern daß man tatsächlichgeschlagen" hat.

Das Geständnis des KPD-Knriers

Als der Zeuge seit März nicht mehr in der Partei mit­arbeitete, hatte er noch Gelder der Roten Hilfe abzurechnen. Deshalb hat am 7. April eine Sitzung in einer Privatwoh­nung stattgefunden. In dieser Sitzung wurde auch über den Reichstagsbrand gesprochen und daß die Nationalsozialisten ihn angezündet hätten. Darauf sagte Singer, so leicht könne man mit diesen Behauptungen nicht herumwcrfen. Er wolle nichts weiter sagen, denn er war an jenem Tage der Kurier der Partcizentrale zum Reichstag. Singer habe dann noch gesagt, als Kurier der Zentrale sei er genau dar­über unterrichtet» baß der Reichstagsbrand das Signal znm Losschlagen gewesen sei.

Kempner trug das Brandmaterial in de« Reichstag

Ueber den Reichstagsbrand sagte ihm Kempner:Wenn ich gewußt hätte, baß die Sache mit dem Brande ein Fiasko

Deutschland und die Genfer Wiederbelebungsversuche

Deutsche Stellungnahme

Das Conti-Nachrichtcn-Büro veröffentlicht folgende deut­sche Stellungnahme zur neuen Entwicklung in Genf: Die Ab­rüstungsfrage scheint in eine neue Phase zu treten. Aus den letzten Meldungen aus London und Paris kann man schlie­ßen, daß die Bemühungen offenbar wieder daraus abzielcn, die Abrüstungsverhandlungcn in Genf erneut in Gang zu bringen. Bei der Beurteilung der Entwicklung in der Ab­rüstungsfrage muß man sich vor Augen halten, daß die neue französische Negierung auf verhältnismäßig schwachen Füßen steht und darum offenbar sehr zögernd an die ganze Frage Herangehen wird.

Anders ist die Haltung Englands zu beurteilen. England, das sich bisher immer gern in der Rolle desehr­lichen Maklers" gefallen hat, ist auf der anderen Seite ge­nau so unser Abrttst» ungsschuldner wie Frankreich und ist durch den Versailler Vertrag ebenso wie Frankreich an die Abrüstungsverpflichtungen gebunden. Deutschland wird ab- warteu, was England von seinem territorialen Rüstungs­stand preiszugeben bereit sein wird oder was es andererseits Deutschland auf dem Wege der Gleichberechtigung zubilligen will.

Die ganze Abrüstungsfrage ist für Deutschland jetzt eigentlich ein interessantes Schauspiel insofern geworden, als «ir nicht mehr unmittelbares Objekt der Abrüstung sind

wirb, dann hätte ich niemals meine Hand dazu hergcgebcn." Im weiteren Verlauf des Gesprächs sagte Kempner, daß diese Tat endlich die ersehnte Rettung des Proletariats brin­gen sollte. Kempner erklärte» daß er derjenige war, der das in der Veterauenstraße hergestcllte Arandmaterial znm Reichstag beförderte, und zwar in einer Reisetasche am Neichstagsportal dem Abgeordneten Torgler abgegeben habe. Auf einen Vorhalt des Vorsitzende» stellte der Zeuge diese Aussage dahin richtig, daß Kempner gesagt hat, er habe die Tasche an dengroßen Schwarzen" abgegeben, den er ein­mal in der Roten Hilfe getroffen hatte. Damit habe er den Vulgaren Pop off gemeint.

Torgler war der Leiter

Kempner, so erzählt der Zeuge auf weitere Vorbehal­tungen, habe ihm mitgeteilt, daß eine Sitzung am 23. Fe­bruar mit den Brandstiftern stattfand. Die Brandstistung habe in den Hände« Torglers gelegen. Kempner habe wört­lich gesagt, daß um 19.30 Uhr der Brand vollständig angelegt sein sollte. Der Zeuge misse ganz genau, daß diese Stunde angegeben wurde. Bei der Sitzung im Liebknecht-Haus sol­len Thälmann, Scheer und andere dabei gewesen sein. Vor­her habe eine Spezialberatnng mit van der Lnbbe und den Bulgaren stattgefunden, und zwar, wie Kempner sagte, im Großen Stern". Kempner und Popoff seien dabeigewesen. Popofs mußte den Brand leiten. Torgler und Koenen habe» Popoff mit Arandmaterial versorgt.

Warum Ausländer verwendet wnrden

Vierzehn Tage später traf der Zeuge Kempner wieder auf der Straße. Kempner äußerte sich, baß er ins Ausland gehen ^volle. Der Zeuge solle ihm ein Fahrrad beschaffen, das höchstens 10^^: kosten dürfe. Kempner habe wörtlich gesagt, daß zu solchen Aktionen nur Ausländer genommen werde«, nm von der deutsche» Partei jeden Verdacht abzu­lenken. Das habe der Zeuge auch öfter in Parteikreisen gehört.

Der kommunistische Ausstandspla«

Ueber die Aufstandsplänc der KPD erfuhr man, daß am 27. Februar um Mitternacht alle Kaserne» und Polizei­reviere gestürmt werben sollten Um 23 Uhr war höchste Alarmbereitschaft. Die Kommunisten besaßen etwa 4000 Schußwaffen. Das Brandmatcrial sollte am Reichstags­gebäude ausprobicrt werden. Wäre die Revolution gelun­gen, dann hätte Popoff in Warschau und Prag die gleiche Brandstistung in Szene zu setzen gehabt. Der bereits als Zeuge vernommene Kämpfer habe ihm gesagt, baß bas Brandmaterial am Reichstage ausprobicrt werden sollte.

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Popoff verzichtete auf eine Fragestellung an den Zeu­gen und erklärte, alles was Grothe erzählte, sei eine unge­heure Unwarheit. Der sodann vernommene Zeuge Singer leugnete alles ab und bezeichnete Grothe als Aufschneider. Als Singer Grothe gegenübergestellt wurde, überhäuften sich beide Zeugen mit Vorwürfen.

und die anderen Mächte allein zusammenzutreten und unter­einander zu klären haben, wie weit sie zur Abrüstung bereit sind. Die Mächte haben nicht mehr die Möglichkeit, bei jeder kleinen Gelegenheit die Verantwortung ans Deutschland ab- znwälze«.

Wenn in diesem Zusammenhang aus Genf gemeldet wirb, daß auf Grund einer französischen Initiative wieder die Kontrollfrage in den Vordergrund gerückt werden soll, so muß demgegenüber von Deutschland aus mit allem Nach­druck festgestellt werden, daß sich diesmal das Abrüstungs- Programm nach seinem wahren Inhalt abspieleu muß und daß die Kontrolle dabei nur eine sekundäre Rolle spielt. Eine Kontrolle ist nnr möglich, wenn die Abrüstung durchgesührt ist «nd sie selbstverständlich ans alle Partner ansgedchnt wird.

Der Einheitsgrund der Kirche

bleiben Bibel und Bekenntnis

TU. Berlin, 18. Nov. Der Neichsbischos hat in Fort­führung seiner Erklärung, mit der er die von dem Berliner Gauleiter derDeutschen Christen" in aller Ocsfentlichkcit vertretenen Irrlehren und Angriffe aus das Bekenntnis der Kirche abgewirsen hat, eine weitere Verfügung erlaßen, die von sämtlichen Mitgliedern des geistlichen Ministeriums unterzeichnet ist. Die Verfügung, in der der Reichsbischof erneut seine Entschlossenheit betont, die Einheit der evan­gelischen Kirche aus der Grundlage des Bekenntnisses zu wah­ren, hat folgenden Wortlaut:

Tages-Spiegel

Im Reichstagsbrandprozeß kam es gestern z» aufsehen­erregenden Enthüllungen über die Braudstiftungsvorbe- reitunge« Torglers «nd seiner ausländischen Helfer.

Bei der Reichsleitung der NSDAP ist ein dem Stellver­treter des Führers unmittelbar unterstellter Sachverstän- -igenbeirat für Volksgesundheitssragen errichtet worden.

Der Stabschef der SA wendet sich in einem Erlaß ziemlich scharf gegen die Vereinsmeierei und bezeichnet die Grün­dung neuer Bünde als groben Unfug.

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Infolge des Gesetzes znr Förderung der Eheschließungen wnrden in de« letzten Monaten bis z« 59 Prozent mehr Ehe» geschloffen als in der entsprechenden Zeit des Vor­jahres. Ferner hat die Geburtenzahl in den Großstädten zugenommeu.

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Albanien wnrde von einer furchtbare« Ueberschwemmungs- katastrophe heimgesucht, bei der elf Mensche« sowie eine große Anzahl von Tiere« ertranken. Der Sachschaden beläuft sich ungefähr ans 3 Millionen

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Zwischen Japan »nd Rußland wird zur Zeit die Schaffung einer entmilitarisierten Zone zwischen Rußland und Manschukuo erörtert.

Die deutsche evangelische Kirche, verfassungsmäßig geeint, muß aus den Wirren der Gegenwart der inneren Einigung entschlossen zugcführt werden. Das kann nur von Bibel und Bekenntnis her geschehen. Deshalb erwarte und verlange ich:

1. daß alle kirchlichen Vereine und Organisationen ihre Mitglieder ausdrücklich auf die Heilige Schrift und das Be­kenntnis ihrer Kirche verpflichten:

2. daß alle Vereine und Verbände ihr Dasein, ihre Arbeit und ihren ganzen Einsatz nur dem Dienst an der Gemeinde und der Kirche widmen.

Kein Verband darf sich kirchenrechtliche Befugnisse an­maßen. Die Verbände habe« geschloffen hinter ihrer Kirchen­führung zu stehen. Insbesondere haben sie sich der volksmis- sionarischcn Ausgabe z« widme». Ihre ganze Tätigkeit dient dieser Aufgabe, nicht aber dem kirchenpolitischen Kampf. Ich hoffe zu Gott, daß aus all der inneren Not unserer Tage eine evangelische kirchliche Einheitsfront all derer werden wird, die im Glauben allein an Schrift und Bekenntnis ge­bunden, treu zusammenstehen znm Dienst am Evangelium und zum Dienst an ihrem Volk."

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Glockengeläut znr Feier des Lnthertages

Der Neichsbischof hat angeordnet, daß zur Feier des Ln­thertages am Sonntag, den 19. November, die Kirchen, kirch­lichen Dienstgebäuöe und Pfarrhäuser mit der Kirchenflagge und dem Hoheitszeichen des Reiches zu beflaggen sind. Fer­ner ordnet der Reichsbischof an, daß anläßlich des Luther­tages in allen Kirchen ein besonderes Geläut stattfindet, und zwar ein viertelstündiges Geläut am Samstag 20 Uhr abends, sowie am Sonntag um 12 und um 18 Uhr.

Der Neichsbischof weist darauf hin, daß er das öffentliche Marschieren von Frauen nicht für statthaft halt« und ordnet daher an, baß Aufmarschpläne des Luthertages, in denen die Beteiligung der örtlichen Frauenverbände in Len Festzügen vorgesehen ist, dementsprechend abgeändert werden.

Aufnahmesperre beim Arbeitsdienst aufgehoben

TU. Berlin, 18. Nov. Von der Rcichsleitung des Ar­beitsdienstes wird mitgeteilt: Die vor einiger Zeit angcord, ncte Sperre der Einstellung in den Arbeitsdienst ist aufge­hoben. Junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren, die in den Arbeitsdienst eingestellt werden wollen, können sich bei den Arbeitsämtern zur Einstellung melden.

Keine Waffen im Arbeitsdienst

Im Hinblick darauf, daß dem Arbeitsdienst immer wie­der von allen möglichen Firmen Waffen angcboten werden, weist der Reichsführer des Arbeitsdienstes, Staatssekretär Hier! nochmals darauf hin, daß der Arbeitsdienst mit Waffendienst nichts zu tun hat. Die Ausgaben des Arbeits­dienstes sind Dienst am deutschen Boden und Erziehung des Volkes im Sinne des Führers. Der Reichsführer bringt er­neut damit seine Verfügung vom 3. August d. I., das er­lassene Verbot des Tragens von Waffe« aller Art in und außerhalb des Dienstes in Erinnerung und ersucht die Ar­beitsdienststellen, Firmen, die mit Waffenangeboten an die Dienststellen des Arbeitsdienstes herantreten, in geeigneter Weise darüber aufzuklären, daß eine Ausstattung des Ar­beitsdienstes mit Waffen nicht in Frage 5"-",^