Timm Radt · Schloss Zavelstein tion älterer Burgtürme in Schlossanlagen der Renaissance(bzw. des Frühbarock) ist zwar ein häufiger zu beobachtendes Phänomen 24 , jedoch sind gerade im nordöstlichen Schwarzwald Bei­spiele bekannt, wo der Bergfried niedergelegt wurde, um das Ensemble weniger burgartig erscheinen zu lassen. 25 Neben dem Bergfried stellen die beiden Ecktür­me an der Frontseite des Neuen Baus eine Besonderheit dar: Sie sollten die Ansicht zumin­dest annäherungsweise symmetrisch erscheinen lassen, zumal der Bergfried nicht exakt mittig an der Schauseite stand. In diesem Sinne erscheinen die beiden Türme zunächst nicht ungewöhnlich. Ecktürme waren im Schlossbau Südwestdeutsch­lands durchaus nicht unüblich, dennoch waren die Innenräume der Türme in der Regel in das Raumgefüge der angrenzenden Schlossflügel eingebunden und von dort aus zugänglich. Dies war aber bei keinem der beiden Zavelsteiner Ecktürme der Fall. Sie waren völlig von den angrenzenden Räumen des Neuen Baus getrennt und konnten nur vertikal erschlossen werden. Dass die Mauern des nördlichen Eckturms im Bereich der beiden oberen Geschosse nicht mit denen des Neuen Baus verzahnt waren und ein bereits existentes kleines Fenster durch den Turm zugesetzt wurde, zeigt, dass die Entschei­dung, die frontseitigen Ecken mittels der Türme zu betonen, erst nach Vollendung des Neuen Baues fiel. Offenbar war die weitgehend realisier­te Schauseite des Schlosses dem Bauherrn zu wenig repräsentativ. Das mit der Hinzufügung der Türme erzielte Ergebnis machte in architek­tonisch-gestalterischer Hinsicht sicherlich Ein­druck; funktional machte es dagegen kaum Sinn. Dass die neu erstellten Bauten in der Vorburg die Symmetrie, die durch die Ecktürme am Neuen Bau vorgegeben war, aufnahmen und sich regel­mäßig um einen zentralen Hof gruppierten, kann im Hinblick auf die Gesamtsituation der Vorburg und im Hinblick auf andere zeitgenössische Schlossbauten vermutet werden. 26 Soweit die wenigen erhaltenen Schmuckformen und Ausstat­tungsteile eine Aussage zulassen, hob sich das Schloss in seiner Detailgestaltung nicht wesent­lich von anderen Anlagen ab. Beispielsweise war nur ein kleiner Arkadenabschnitt aufwändig in Stein gearbeitet. 27 Dagegen waren die hofseitigen Arkadengänge aus Holz errichtet, was in der Region häufiger der Fall war. 28 Was den Zavelsteiner Schlossbau neben den bereits genannten architektonischen Eigenheiten hervorstechen lässt, ist der Umstand, dass Bu­winghausen die Umsetzung des Projekts trotz des beginnenden Dreißigjährigen Krieges kon­sequent vorantrieb. Buwinghausens Mittel und seine Zuversicht, den Konflikt unbeschadet zu überstehen, waren um 1618 offensichtlich noch so groß, dass das Bauvorhaben nach mutmaßlich 12 Jahren Bauzeit zu Ende gebracht werden konnte. Wie dargelegt, handelte es sich dabei nicht um einRenaissanceschlösschen, wie es in einigen populären Publikationen verniedli­chend bezeichnet wird, sondern um eine statt­liche Familienresidenz. Angesichts des bewegten Werdegangs Buwing­hausens, der ihn an die wichtigsten Höfe West­und Mitteleuropas führte, erscheint dem moder­nen Betrachter erstaunlich, dass er ausgerechnet am östlichen Rand des Schwarzwalds fernab eines urbanen und kulturellen Zentrums baute. Man könnte vermuten, dass schlicht kein anderer Ort zur Verfügung stand und lediglich die Tatsache, dass in Zavelstein schon lange zuvor keine Adels­familie dauerhaft ansässig war, den Erwerb der Herrschaft durch Buwinghausen begünstigte. Zwei Aspekte legen allerdings nahe, dass die Hintergründe nicht derart einfach gewesen sind: Zum einen hatte sich in dem unmittelbar im Tal unterhalb von Zavelstein gelegenen Ort Teinach seit dem Ende des 15. Jahrhunderts ein Bade- und Kurbetrieb etabliert. Teinach entwickelte sich im frühen 17. Jahrhundert zumLieblingsbad der württembergischen Herzöge, das diese oft aufsuchten. 29 Zum anderen hatte sich die nahe gelegene Stadt Calw bereits im 16. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Handelsstädte Würt­tembergs entwickelt. Unter der Federführung der 18