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Vom Obstbau
Von H. W a l z
Der Obstbau unserer engeren Heimat bildet fast ausschließlich einen Nebenzweig der Landwirtschaft. Das gute oder schlechte Gedeihen der Obstbäume hängt hauptsächlich ab von durchschnittlicher Jahrestemperatur, Niederschlagsmenge, Luftfeuchtigkeit, Boden, örtlicher Lage, Wind- und Frostwirkung.
Die mittlere Jahrestemperatur ist häufig zu nieder, so daß Holz und Früchte oft nicht genügend ausreifen, besonders wenn schon im September Frühfröste auftreten. Die Früchte vieler Sorten bleiben deshalb klein und erreichen nicht den feinen Wohlgeschmack der gleichen Sorten aus günstiger gelegenen Orten. Besonders die Tafelbirnen (z. B. Semmesbirne) nehmen in rauhen Lagen an Güte, Größe und Haltbarkeit ab; die haltbaren Wintersorten sind anspruchsvoll in Bezug auf Wärme. Selbst die genügsamen Mostbirnen sind in kühleren Jahrgängen wegen zu kurzer Wachstumsdauer steinig und herb und oft kaum vom Baum zu schütteln, ein Zeichen ungenügender Reife (so die aus Oeschelbronn stammende Albrechts Mostbirne). In den Waldgemeinden haben infolge stärkerer Besonnung die Aepfel eine schönere Farbe als im vorderen Bezirk.
Eine große Rolle spielt der Boden. Die bekannten Birnen „Gute Luise" und Pastorenbirne sind im Gäu und Heckengäu mit gesunden Bäumen vertreten, während sie im Hinteren Bezirk schorfig und unansehnlich sind. Der berühmte Apfel „Schöner von Boscoop" liefert in den Eäuorten noch befriedigende Erträge, während er im Wald, besonders in den von Spätfrösten oft heimgesuchten Tälern überall umge- psropft wird. Aus den nährstoffhaltigen Lehmböden gedeihen oft wahre Baumriesen, während auf Sandboden die Bäume kleiner bleiben. Der Boden bestimmt also das Wachstum der Bäume. Bei kalkhaltigem Boden erhält das Holz eine gewisse Härte und Reife, so daß Frostbeschädigungen und Schädlingsbefall seltener auftreten. So sind bei Mindersbach, Schietingen, Haiterbach von Krebs befallene Bäume sehr selten, auf reinen Sandböden aber häufig. Der günstigste Boden ist milder Lehm mit durchlässigem Untergrund.
Die örtliche Lage ist von großem Einfluß auf die Ertragsmenge und erfordert Vorsicht bei der Sortenauswahl. So gedeiht der Rheinische Bohnapfel auf den Höhen bei Aichelberg, Simmersfeld, Eöttelfingen, während er in Tälern, die dem Zugwind ausgesetzt sind oder wo Nebelbildung öfters vorkommt, häufig krebsig wird, so bei Enz- tal, Eaugenwald, unteres Tal bei Sulz. Jede Markung hat verschiedene Lagen, von denen jede ganz bestimmte Sorten erfordert. Gerade hier werden viele Fehler in Bezug auf Sortenwahl gemacht. So paßt der spätblühende Taffetapfel wegen seiner späten Blüte in Täler mit Spätfrösten und Nebeln. Dagegen hängen seine Früchte nicht so fest, so daß in Windlagen sein Ertrag stark zurückgeht. Ein in der Hauptwindrichtung stehendes Haus