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Schwarzwaldkreis. Oberamt Calw.
kauft worden. Von den Klostergebäuden südlich der Kirche hat Or. Klaiber Mauerlinien, Teile von strengromanischen Würfelknaufsäulchen, sowie hübsche spätgotische Grabplatten aufgedeckt.
Im Jahr 1069 kam Wilhelm, in Regensburg gebildet, Prior des Klosters St. Emmeram daselbst, als Abt nach Hirsau und hob das Kloster auf eine ungeahnte Höhe; er führte die Cluniacenser-Regel ein und diese verbreitete sich, in manchem etwas verändert, als Hirsauer Regel, als mächtige Stütze des Papsttums, bald weithin, bis nach Erfurt und Magdeburg, Steiermark und Kärnthen. Abt Wilhelm begann 1083 auf dem linken Nagoldufer den Neubau des Klosters und erlebte noch die Einweihung der Peterskirche im Jahr 1091 . Über seine bauliche Thätigkeit sei es uns jetzt vergönnt, etwas weiter ausznholen und wenigstens über die von ihm abhängigen Bauten in Württemberg einen Überblick zu geben.
Man kann ohne Übertreibung sagen, daß die kirchliche Bauthätigkeit in unserem Lande vor 800 Jahren, in den Jahren 1080 — 1100 , eine der bedeutendsten, ja vielleicht die bedeutendste gewesen sei bis auf den heutigen Tag, und zwar sowohl nach der Menge, als auch nach der Großartigkeit, Erhabenheit und keuschen Schönheit der damals aufgeführten Werke. Dabei sind die meisten derselben erstaunlich rasch, entsprechend dem damals so hoch gehenden Glaubensfeucr, geschaffen worden. Es war die Zeit des neuen, von Cluny geweckten Aufschwunges des Benediktinerordens in unseren Gauen. Es wurden nämlich gegründet die Klosterkirchen Groß-Komburg 1081 , Reichenbach 1082 , Hirsau, St. Peter 1083 , Blaubeuren 1085 , Zwiefalten 1089 , Jsny 1090 , Sindelsingen um 1090 , Ochsenhausen 1093 , Wiblingen 1093 , Alpirs- bach um 1095 , Neresheim 1095 , Weingarten, erweitert und umgebaut, um 1098 , Lorch 1102 , Klein-Komburg 1108 . Als geistiger Brennpunkt, der weit über Schwaben hinaus, bis tief nach Bayern und Norddeutschland hinein, seine befruchtenden Strahlen warf, erscheint Kloster Hirsau unter seinem großen Abte, Wilhelm dem Seligen < 1069 — 1091 ). Trotz mannigfacher Zerstörungen blieb uns aus dieser Zeit und aus diesem Wirken so viel erhalten, daß wir noch heute von den zerstreuten und verletzten Gliedern ein Gesamtbild auszubauen vermögen. Trügt nicht alles, so tritt uns eben in Abt Wilhelm selbst eine der größten damaligen Baumeister-Gestalten entgegen. Daß er der Richtung-gebende Genius war, schimmert aus den Berichten der zum Teil gleichzeitigen Chronisten noch deutlich hervor. Unter ihm entstehen Werke von staunenswerter Vollendung. In diesen Maßverhältnissen, Planformen und Einzelbildungen herrscht eine so feine künstlerische Abwägung, eine so sichere Freiheit, daß jeder, der sich schon schassend mit der Baukunst beschäftigt hat, hier auf einen wirklichen und zwar großen Baumeister raten muß, und dieser Meister scheint in erster Linie Abt Wilhelm selbst zu sein; es wird wenigstens kein Baumeister neben ihm genannt. Abt Wilhelms bedeutsamstes Werk war die Peterskirche zu Hirsau, 1083 bis 1091 , auf dem linken Nagoldufer, nachdem im Jahr 1071 die Aurcliuskirche auf dem rechten Nagolduser fertig geworden. Abt Wilhelm stirbt noch im Sommer 1091 , sein Nachfolger vollendet dann das Peterskloster. Bekanntlich wurde die einst so herrliche Peterskirche, die größte Kirche in Schwaben nach dem Ulmer Münster, durch die Franzosen im Herbst des Jahres 1692 samt dem Kloster eingeäschert, nachher die Ruine vielfach abgetragen. Aber es erhielten sich doch vom Bauwerk Abt Wilhelms