Papier
Wildbad
Bedeutet es nicht einen guten Start, daß auch das Wildbader Sonderheft auf einem Erzeugnis der Buntpapierfabrik AG. seinen Weg in die Welt antritt?
Wildbad mit seinem reichen Segen an Tannen und Fichten ist das Eldorado für einen Industriezweig, der die Ruhe des Kurorts keineswegs stört und dennoch der Badestadt auch im Wirtschaftsleben Rang und Namen gibt — die Papierfabrikation. Bis zum Jahre 1832 wurde in Wildbad noch Handpapier „geschöpft" — dann aber eine der ersten Papiermaschinen in Deutschland aufgestellt, ein in der Literatur verankertes, bedeutsames Ereignis in der Entwicklungsgeschichte des Papiers.
Das ausgedehnte Werk liegt vor den Toren Wildbads, weithin erkennbar durch riesige Stapel Holz, die etwa den Bedarf eines Jahres decken. Die Fabrik gehört zu einem der bedeutendsten Unternehmen der Papierverarbeitung, der 1810 von dem Bankier Alois Dessauer gegründeten Buntpapierfabrik AG. Aschaffenburg; in Zukunft wird die Produktion sich hauptsächlich als Rohstoffquelle für die Herstellung von gestrichenen Papieren aus richten.
Erst im Herbst 1952 entstand das neue Kesselhaus, die Seele des Betriebes, mit modernster, chemischer Wasserreinigung, einem Hochdruckkessel mit eigener Stromerzeugung durch Wasser- und Dampfturbinen — Leistungen, die Fachmann und Laien imponieren. Welch ein komplizierter Weg aber vom rohen Holz bis zum Blätterwald! Etwa 1000 Ster Holz kommen monatlich zur Verarbeitung; hier werden die weißgeschälten Faserhölzer zerschnitten, dort die unbearbeiteten Hölzer mittels Fließband in eine riesige Aufweichwanne geleitet, gewaschen und durch Walzen abgerieben. Sauber und auf 1 m Länge gesägt, läuft dieses Holz in den Stetigschleifer, in dem ein gewaltiger Mahlstein das Holz zerreibt, bis es, durch feine Siebe laufend, als Stoffmilch die Maschine verläßt, um hochgepumpt, über einen mit Bronzesieb überzogenen Zylinder geleitet zu werden. Das Wasser wird entfernt, die Holzfaser setzt sich ab. Zunächst wird der Holzstoff in eine Bütte gelenkt, von hier aus in den „Holländer", eine seit altersher bekannte Maschinerie; nun beginnt die letzte, geheimnisvolle Mischung mit Zellulose, Kaolin, Baumharz und Chemikalien, die Güte des Papiers beeinflussend.
Nebenan laufen im Kollergang durch Wasser verdünnte Altpapiermassen, die ebenfalls dem Holzschliff zugesetzt werden können.
Staunend aber steht man vor der Papiermaschine, die mit einer sehr hohen Geschwindigkeit läuft. Saugkästen und moderne Saugwalzen entfernen zunächst das Wasser; das immer noch wasserhaltige Papier läuft über dicken Wollfilz und endlich über dampfgeheizte Zylinder, die so stark erhitzen, daß das Papier noch einmal wassergekühlt werden muß, ehe es, im Glättwerk durch mehrere Stahlwalzen den letzten Schliff erhaltend, in der gewünschten Breite geschnitten, blütenweiß und glänzend das Wunderwerk verläßt.
Neben den Riesenrollen Papier liegen die Bogen, die mit dem Querschneider zum Teil auf Format geschnitten werden.
Im Papiersaal herrscht lautlose Geschäftigkeit: Frauen sichten, sortieren, zählen und packen die Bogen mit verblüffender Schnelle und Sicherheit. Eigene Schlosser- und Schreinerwerkstätten, Laboratorien und Wagenpark runden das Bild des Werkes ab, das mit 150 Menschen Belegschaft, ein stolzes Wahrzeichen Wildbads ist. Qualitätspapier geht von der Zentrale, der Buntpapierfabrik AG.
Aschaffenburg aus, in die ganze Welt — ihr und dem Schwarzwälder Zweigwerk zu Ehren.
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