5 Titel in Zeitungen I. Wildbader Chronik / Enztal-Bote / Wildbader Tagblatt

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LAUFZEIT

1885-1936

BESTANDSHALTENDE INSTITUTION

Stadtarchiv Bad Wildbad (1885, 1887-1908, 1911, 1913, 1915, 1919-1936); Württembergische Landesbibliothek (1909-1910, 1912, 1914)

GESCHICHTE

Die „Wildbader Chronik“ wurde Anfang 1865 durch die „Chr. Hermann’sche Buchdruckerei“ in Wildbad als viertes Zeitungsunternehmen auf dem Gebiet des Altkreises Calw gegründet. Die neue Publikation sollte das Bedürfnis der mondänen Badestadt Wildbad nach einem eigenen Nachrichtenblatt befriedigen – eine Aufgabe, die der „Enzthäler“ als Amtsblatt für den ländlichen Oberamtsbezirk Neuenbürg nur begrenzt erfüllen konnte. Ähnlich wie das Neuenbürger Konkurrenzprodukt erschien die neue Zeitung zunächst zweimal wöchentlich (dienstags und freitags); das vierteljährliche Abonnement kostete 38 Kreuzer. Schon kurz nach der Etablierung der „Chronik“ zog sich Hermann indessen aus dem Redaktionsgeschäft zurück und verkaufte die Zeitung an den Leonberger Seifensiederssohn Christian Heinrich Wildbrett (1840-1905), der seit 1866 als Buchdrucker in Wildbad nachweisbar ist.

Der neue Inhaber und Redakteur benannte die Chronik, die 1869 immerhin bereits in einer Auflage von 500 Exemplaren erschien, 1870 in „Schwarzwälder Chronik – Anzeige und Unterhaltungsblatt für Wildbad und Umgebung“ um. Damit war offensichtlich auch der Versuch verbunden, die Reichweite der Publikation weiter zu vergrößern. Dieses Vorhaben war jedoch nicht von Erfolg gekrönt; vielmehr verharrte die Auflage des Blatts bis Ende der 1880er Jahre (vielleicht auch aufgrund des mittlerweile stolzen Preises von 1 Mark und 10 Pfennig für das vierteljährliche Abonnement) stabil auf derselben Höhe wie zwei Jahrzehnte zuvor. Um 1878 machte Wildbrett den Namenswechsel denn auch wieder rückgängig. Wenig später wurde die „Wildbader Chronik“ zum Amtsblatt für die Stadt Wildbad erhoben.

Seit 1884 lieferte sich die Zeitung einen erbitterten Konkurrenzkampf mit dem neu gegründeten „Wildbader Anzeiger“. Dabei versuchte das etablierte Blatt, das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis des dreimalwöchentlich erscheinenden Rivalen mit Verweisen auf höhere inhaltliche Qualität und längere Tradition zu kontern. So trug die „Chronik“ von 1887 bis 1888 demonstrativ den Zusatz „Ältestes Amtsblatt der Stadt Wildbad“ auf dem Titelblatt; gelegentliche Fehler des Kontrahenten wurden ausführlich korrigiert. 1891 ging schließlich auch die „Chronik“ zur dreimalwöchentlichen Erscheinungsweise über, behielt diese aber letztlich bis 1919 bei, während der „Anzeiger“ schon 1905 den Schritt zur täglichen Erscheinungsweise wagte.

Weder Christian Heinrich Wildbretts Sohn Albert Christian (1867-1911), der 1896 Verlag und Redaktion übernahm, noch Carl Flum, der von 1911 bis 1915 die Redaktion führte, vermochten den allmählichen Abstieg der „Wildbader Chronik“ aufzuhalten. 1914 verkaufte Albert Wildbretts Witwe Pauline, geb. Barth, Verlag und Buchhandlung schließlich an ihren einstigen Gehilfen Johannes Otto Emil Paucke; in der Folge wurde die Redaktionsarbeit teils von Paucke, teils von wechselnden Vertretungen ausgeführt. Es spricht für sich, dass die von 1916 bis 1919 publizierten Ausgaben der traditionsreichen Zeitung – anders als diejenigen des örtlichen Konkurrenzblatts – nicht mehr ins Stadtarchiv Bad Wildbad übernommen wurden.

Eine – zumindest temporäre – Rettung der Wildbader Zeitungstradition bedeutete es vor diesem Hintergrund, dass sich die Verleger der „Wildbader Chronik“ und der „Freie Schwarzwälder“ (das Nachfolgeblatt des „Anzeigers“) 1919 unter dem Druck der wirtschaftlichen Krisenlage der frühen Weimarer Republik zur Fusion entschlossen: Aus der von Eugen Reinhardt geführten „B. Hofmann’schen Buchdruckerei“ und der Buchhandlung Johannes Paucke wurde die „Wildbader Verlagsdruckerei“. Damit einhergehend entschied man sich, auch die beiden Zeitungen miteinander zu verschmelzen: Seit dem 1. Juli 1919 gab die neue Druckerei anstelle der beiden Vorgängerblätter den „Enztal-Boten“ mit dem Untertitel „Amtsblatt für Wildbad – Anzeiger und Tagblatt für das obere Enztal“ heraus. Die Jahrgangszählung der neuen Publikation orientierte sich dabei an der einstigen „Chronik“, der Erscheinungsrhythmus am täglichen Muster des „Freien Schwarzwälders“.

Trotz dieser Maßnahmen blieb die wirtschaftliche Lage jedoch schwierig, sodass die beiden Verleger ihre Zeitung zum 1. März 1920 an den Herausgeber des „Enztälers“, David Strom, verkaufen mussten. Letzterer trat die Publikation indessen bereits nach einem Monat wieder ab, da sich die „Herstellung eines Lokalblattes an einem auswärtigen Ort“ als „nicht zweckentsprechend“ erwies und die Wildbader, denen „jahrzehntelang 2 Zeitungen am Platze zur Verfügung standen“, ihr eigenständiges Periodikum zurückforderten. Als neuer Verleger sprang schließlich der Herrenberger Schreinerssohn Theodor Ludwig Gack (geb. 1878) in die Bresche, der immerhin bereits auf erste Erfahrungen im Zeitungsgewerbe verweisen konnte.

Gack, der im alten Wildbader Realschulgebäude (Wilhelmstr. 151) eine eigene Buchdruckerei einrichtete, führte die traditionsreiche Publikation in der Folge unter dem Namen „Wildbader Tagblatt“ eineinhalb Jahrzehnte lang recht erfolgreich durch die ökonomischen und politischen Krisen der Zwischenkriegszeit. Auch ein Versuch von Gacks einstigem Schriftsetzer Hermann Fröhlich, 1923 als Konkurrenzblatt eine „Wildbader Zeitung“ zu initiieren, blieb erfolglos und wurde etwa zwei Jahre später eingestellt. Ende 1926 erhielt das „Tagblatt“ ein kunstvoll gestaltetes Layout, das neben einer Schwarzwaldlandschaft nunmehr auch Darstellungen vom „Überfall im Wildbad“ sowie vom Eber, „der sich die Wunde wusch“, zeigte.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 gestaltete sich Gacks Lage – trotz linientreuer Berichterstattung – zunehmend schwieriger. Am 1. November des Jahres wurde der „Enztäler“ als wichtigster regionaler Konkurrent des „Tagblatts“ durch Kreisleiter Hugo Böpple zum „parteiamtlichen Organ“ der NSDAP im Kreis Neuenbürg erhoben. Parallel dazu machten sich die immer stärkeren Konzentrationsbestrebungen der Nationalsozialisten auf dem Gebiet des Pressewesens deutlich. Noch im Herbst 1933 wurde der 1927 von Buchdruckereibesitzer Gustav Eisele gegründete „Wildbader Lokalanzeiger“ dem „Enztäler“ angeschlossen. Am 30. September 1936 war dann auch die Stunde des „Tagblatts“ gekommen: Unter Druck der NSDAP-Kreisleitung Neuenbürg sowie des Reichsverbands der Deutschen Zeitungsverleger wurde die Publikation an den Verleger des „Enztälers“, Fridolin Biesinger, verkauft und gleichzeitig das Erscheinen eingestellt. Der „Enztäler“ sollte von da an als „alleinige eingesessene Zeitung“ im Raum Neuenbürg fungieren.

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Kilian Spiethoff (2023), Kreisarchiv Calw